Arbeitskampf im Netz: Mit Lady Gaga für fairen Lohn

Mit dem Internetportal labournet.tv hat die Gewerkschaftslinke jetzt ein Onlinearchiv aufgebaut. Es sammelt Filme über Arbeitskampf und Arbeitsbedingungen in aller Welt.

Ob Lady Gaga damit gerechnet hat, dass ihr Song "Bad Romance" Teil des Arbeitskampfes in San Francisco werden würde? Bild: dapd

BERLIN taz | Natürlich ist die Musik geklaut. Aber darauf kommts nicht an, als die Blechbläser mitten in der Lobby des Westin St. Francis Hotels in San Francisco plötzlich lostrompeten, vermeintliche Hotelgäste aufspringen und lostanzen - zum Sound und der Choreografie von Lady Gagas "Bad Romance".

Nur der Text geht anders: "Oh no, dont get caught in a bad hotel." Lass dich nicht in einem schlechten Hotel erwischen. "Boycott this hotel. Boycott! Boycott!" Die Angestellten des Westin und anderer Hotels kämpfen für "faire Verträge und eine bezahlbare Krankenversicherung". Der Flashmob fand im Mai 2010 statt.

Von so etwas erfahre man aus den Medien nur, "wenn der Konflikt eine bestimmte Schwelle überschreitet", sagt die freie Filmemacherin Bärbel Schönafinger. Dabei gebe es sehr oft Videos oder Filme, die dem Protest dokumentierten. Und ab sofort sollen diese auch gut zu finden sein.

Labournet.tv ist die jüngste Initiative des LabourNet, eines Netzwerks, das seit den 1990er Jahren die internationale Gewerkschaftslinke vernetzt. Schönafinger ist hier Redakteurin und sammelt die Beiträge über Arbeitskämpfe und Arbeitsbedingungen. "Es gibt zu wenig Informationen aus dem Arbeitsleben", sagt sie. "Dabei werden in den Betrieben ständig Kampferfahrungen gemacht, mit jedem Streik, mit jeder Auseinandersetzung über Pausenzeiten, Kantinenessen, Arbeitsverdichtung."

Gefördert wird das Projekt von der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt. Bis jetzt umfasst das Archiv rund 250 Beiträge aus 24 Ländern - vom Anderthalb-Minuten-Clip bis zu abendfüllenden Spielfilmen, sortiert nach Ländern, Branchen und "Kampffeldern".

Denn labournet.tv will nicht nur Arbeitskämpfe in klassischen Industriebranchen begleiten, sondern interessiert sich genauso für prekäre, migrantische und auch Reproduktionsarbeit.

So finden sich Beiträge wie "Deconstructing Foxconn" (2011) über die Selbsttötungen von Beschäftigten des weltgrößten Elektronikherstellers in China neben "Großer Aufwasch im Subunternehmen" (2010), in dem es um westafrikanische Migrantinnen geht, die als Leiharbeiterinnen in Marseille Zimmer putzen und in ihrem Kampf gegen unmenschliche Akkordzeiten von einem kauzigen Altherren-Solidaritätskomitee unterstützt werden.

Fast alles ist kostenlos zugänglich. Nur wenn Lizenzrechte dem entgegenstehen, wie etwa bei "Navigators" (2001), Ken Loachs Spielfilm über die Privatisierung der britschen Bahn, sieht man nur einen Trailer - plus Hinweis, wo man den Film bekommt.

Ob ein Beitrag aufgenommen wird, entscheidet die Redaktion danach, ob er "einen emanzipatorischen Anspruch" hat, also "den LohnarbeiterInnen auf Augenhöhe" begegnet, sagt Schönafinger. Außerdem müsse er auch "handwerklich gut gemacht sein".

Allerdings bedeuten diese Ansprüche nicht notwendigerweise, dass die Filme auch journalistischen Kriterien genügen. Manchen Dokumentarfilmen fehlen ganz grundlegende Informationen. Dann fällt es schwer, nur anhand der Aussagen der befragten Beschäftigten und Gewerkschafter nachzuvollziehen, um was genau sich der Konflikt dreht. Und manchmal nimmt auch die Agitation überhand.

Dann überlagern Sätze wie: "Der Kampf ist nicht nur für uns, sondern gegen das Unrecht, das gegen die ganze Arbeiterklasse gerichtet ist", eigentlich spannende Geschichten wie die über den Hungerstreik von Leiharbeitern bei der deutschen Volkswagen AG 2009.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.