Forschungsbericht "Truppenbild mit Dame": An der Waffe nicht gleichberechtigt

Frauen machen den Umgangston beim Militär zwar besser. Aber sie werden von einem Drittel der männlichen Kameraden abgelehnt – und nicht selten sexuell belästigt.

Allein unter Männern: Soldatin in der Ehrenformation. Bild: dapd

BERLIN taz | Tanja Kreil ist es zu verdanken, dass seit zehn Jahren Frauen im aktiven Militärdienst bei der Bundeswehr eingestellt werden. Sie hatte im Jahr 2000 vor dem Europäischen Gerichtshof darauf geklagt, Waffenelektronikerin bei der Bundeswehr werden zu können. Vorher waren Frauen nur im Militärmusik- und Sanitätsdienst zugelassen. Seit 2001 können Frauen in allen militärischen Bereichen dienen; die Zahl der Soldatinnen ist seitdem sprunghaft angestiegen: von 4.564 im Jahr 2000 auf derzeit 17.500. Das entspricht einer Quote von 9,2 Prozent.

Verändern Frauen die Bundeswehr? Diese Frage ist kaum untersucht. Der Forschungsbericht "Truppenbild mit Dame" vom Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr von 2008 ist die einzige umfangreiche Studie dazu. Danach ist der Umgangston bei der Bundeswehr zwar "netter" geworden, aber 15 bis 30 Prozent der Soldaten finden die Anwesenheit von Frauen bei der Bundeswehr "bedenklich". Knapp ein Drittel glaubt, dass Frauen beim Militär schlechter sind als Männer. Und ein Drittel fürchtet um die Kampfkraft der Armee, wenn Frauen dabei sind.

Dass bei der Bundeswehr nach wie vor eigenwillige Umgangsformen herrschen, offenbarten die Ermittlungen nach dem Tod einer 25-jährigen Offiziersanwärterin auf der "Gorch Fock". Da ist von Besäufnissen die Rede, von Druck, Zwang und sexueller Belästigung. Rund 58 Prozent der Soldatinnen berichten laut der Studie von 2008 von sexistischen Bemerkungen.

19 Prozent geben an, von Kameraden körperlich berührt worden zu sein. Und fast 5 Prozent sollen sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen erlebt haben. Manche Soldatinnen inszenierten sich aber auch als "Püppchen" und trügen bewusst enge Kleidung, sagt eine Soldatin, die gerade in Afghanistan im Einsatz ist. "Manche finden es gut, dass sie bei der Armee begehrter sind als im Alltag."

Frauen haben in keiner Armee der Welt den gleichen Stellenwert wie Männer, haben die Militärforscherinnen Christine Eifler und Ruth Seifert herausgefunden. "Aber schon eine einzige Frau in einer militärischen Einheit genügt, um an der hegemonialen Männlichkeit zu rütteln", sagt Karin Gabbert, Autorin des Buchs "Gleichstellung – zu Befehl" zum Wandel der Geschlechterverhältnisse im US-Militär. "Männer fühlen sich extrem von Frauen bedroht, solange sie noch keine Erfahrungen mit weiblichen Soldaten haben", sagt sie. Sobald aber Männer direkt mit Frauen zusammenarbeiteten, würden sie gelassener.

Wie auch in anderen Bereichen weisen Frauen beim Militär oft bessere Studien- und Arbeitsergebnisse auf, nicht selten sind sie sogar überqualifiziert. Und doch gelingt es ihnen nicht, ihr Wissen und Können in eine eigene Karriere umzuwandeln. Frauen bei der Bundeswehr landen verstärkt im Mittelbau, zeigt "Truppenbild mit Dame": So sind 65 Prozent der Soldatinnen Unteroffiziere, nur knapp 21 Prozent Offiziere. Tanja Kreil war übrigens nie bei der Bundeswehr.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.