Nazi-Demonstration in Hamburg-Harburg: NPD in Unterzahl

Ein kleiner Tross von Neonazis wettert in Hamburg-Harburg gegen kriminelle Ausländer und fordert "kurzen Prozess". 400 Gegendemonstranten kreisen den Kundgebungsplatz ein.

Waren deutlich mehr als die Nazis: Gegendemonstranten in Hamburg-Harburg. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Hamburger Schauspieler Rolf Becker bringt es zu fortgeschrittener Zeit auf den Punkt: "Wir sind zwar viele Redner, aber wenig Leute, die zuhören", sagt Becker am Samstagmittag. Knapp 150 Leute harren oberhalb des Seeveplatzes in Hamburg-Harburg aus, 22 stehen auf der Rednerliste des "Bündnisses gegen Rechts" - einem Zusammenschluss aus Antifa, Linkspartei, SPD, Grünen, DGB und Kirchen.

Weitere 250 Antifaschisten haben sich entlang der von der Polizei aufgebauten Hamburger Gitter um den tristen Seeveplatz versammelt, wo der Hamburger NPD-Vorsitzende Torben Klebe zum Aufmarsch geladen hat. "Mit kriminellen Ausländern kurzen Prozess machen", lautet die Formel der Kundgebung. Abgehalten wird sie von der rechten Gallionsfigur Thomas "Steiner" Wulff, 50 seiner Anhänger sind gekommen.

Becker versteht nicht, dass er mehr als ein halbes Jahrhundert nach Zerschlagung des Nationalsozialismus erneut gegen das Wiedererstarken der Naziszene auftreten muss. Er fragt die etablierten Parteien, was sie gegen "diese Banden" tun und gibt selbst die Antwort.

Wer den Sozialabbau weiter forciere, spiele den Rechten in die Hände - damit hätten auch die Gewerkschaften zu kämpfen. "Privatisiert nicht die Gewinne, privatisiert die Verluste und sozialisiert die Gewinne", fordert Becker. "Wenn wir nicht dafür kämpfen, werden wir das Spiel verlieren."

Auch Michael Nüssen von der Jüdischen Gemeinde fordert, statt Sonntagsreden zu halten, endlich zu handeln und die NPD zu verbieten. "Pünktlich zum 66. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz müssen meine Mutter und ich erleben, wie die neuen Nazis ihren Unrat auf Harburg entleeren."

Die Neonazis wollen im Hamburger Wahlkampf aus Übergriffen Kapital schlagen, bei denen Deutsche Opfer und Migranten Täter sind. So soll in Harburg 2009 Berhan I. (17) und ein Komplize einen 44-Jährigen erschlagen haben, der dem Duo 20 Cent verweigerte. Die Täter sind mittlerweile verurteilt.

In seiner Rede wetterte Wulff, dass es für die deutschen Opfer von Ausländergewalt keine Lichterketten gebe. Im Wahlkampf sei die NPD die einzige Partei, die für Recht und Ordnung stünde und für die sofortige Abschiebung krimineller Ausländer eintrete.

Was Wulff, der mehrfach wegen Volksverhetzung vorbestraft ist, verschweigt: Er selbst wurde am vergangenen Mittwoch von der Polizei festgesetzt - zusammen mit NPD-Wahlkampfhelfern. Die hatten einen Passanten beim Plakate-Aufstellen mit einer Axt bedroht.

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