Filmstart "Tal der Wölfe" : Verkalkuliert bei den Emotionen

Der umstrittene türkische Kriegsfilm "Tal der Wölfe - Palästina" von Murat Aslan ist vor allem lächerlich. Die Handlung ist nicht stimmig, die Figuren sind unglaubwürdig.

"Tal der Wölfe" startete am Freitag in allen arabischen Ländern. Bild: pera film

ISTANBUL taz | Seit Freitag läuft in der Türkei und weiteren Ländern Murat Aslans "Tal der Wölfe - Palästina". Nach zwei Stunden im Kino muss man sagen: Der große Aufregerfilm ist vor allem eins: dumm. Die Handlung, so man überhaupt davon sprechen kann, ist nicht stimmig. Man fragt sich, warum es jetzt schon wieder knallt und der Held statt durch die Tür unbedingt durch die Mauer gehen muss. Keine Figur ist ansatzweise glaubwürdig.

Gezeigt werden soll die Rache der Türken an den Verantwortlichen des Militäreinsatzes gegen den Gaza-Schiffskonvoi, der Ende Mai 2010 von der israelischen Armee gestoppt wurde. Eine israelische Einheit enterte das türkische Schiff "Mavi Marmara", bevor es die Seeblockade des Gazastreifens durchbrechen konnte, dabei wurden neun Zivilisten von den Soldaten getötet.

Mit diesen Szenen beginnt der Film. Gezeigt wird dann die israelische Kommandozentrale, von der aus der Einsatz geleitet wird. Dabei lernen wir den Einsatzleiter kennen, Moshe Ben Elizer, der sich schon nach wenigen Sekunden als Psychopath outet und für die Dauer des Films den Bösen verkörpert.

Der Held des Films, der türkische Actionstar Polat Alemdar, wird die nächsten 85 Minuten, wild um sich schießend, damit verbringen, eben diesen Moshe zur Strecke zu bringen. Ganz zu Beginn, als sich andeutet, dass es um einen bestimmten Verantwortlichen für den Einsatz auf der "Mavi Marmara" geht, kann man noch vermuten, dass der Streifen einfach das Muster jener Filme umdreht, in denen der Mossad palästinensische Attentäter jagt.

Doch das ist entschieden zu viel erwartet. Es geht fast ausschließlich darum zu zeigen, wie drei türkische "Helden" es in Israel und der Westbank einmal so richtig krachen lassen.

Die Begründung der FSK, der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft in Deutschland, für die Einstufung "Nicht jugendfrei" ist fast noch untertrieben. Da heißt es, der Film sei "einem Kriegsfilm ähnlich, von ständiger Gewalt durchzogen".

Der Film ist ein Kriegsfilm, in dem nahezu ununterbrochen Menschen getötet werden und in dem darüber hinaus eine plausible Rahmenhandlung völlig fehlt. Der deutsche Verleih, Pera Film, wollte "Tal der Wölfe - Palästina" wegen der Freigabe ab 18 zunächst nicht in die Kinos bringen, entschied sich dann aber kurzfristig um, sodass der Film jetzt doch in deutschen Städten zu sehen ist.

Der Held und seine zwei Mitkämpfer, unterstützt von einem palästinensischem Ortskundigen, mischen die gesamte israelische Armee im Alleingang auf. Dazwischen gibt es immer wieder ein paar rührselige Szenen über das demütigende Leben der Palästinenser - alles gute Moslems - und die stupide Boshaftigkeit der israelischen Militärmaschine. Doch dabei wird so dick aufgetragen, so platt überzeichnet, das es schwerfällt, den Film ernst zu nehmen und in ihm eine echte Gefahr zu sehen.

Es stimmt, was im Vorfeld geschrieben wurde. Der Film ist antisemitisch, und er ist antiisraelisch, aber er ist viel zu platt, um ein suggestives Moment zu entwickeln. Die Zuschauer werden emotional nicht gepackt, bei der ersten öffentlichen Vorführung am Freitagvormittag in Istanbul blieben sie völlig teilnahmslos.

Hoffnungslos überzogen

Dabei garantiert der Hauptdarsteller Necati Sasmaz, der seit Jahren in der überaus erfolgreichen Fernsehserie "Tal der Wölfe" Polat Alemdar verkörpert, eigentlich schon per se Begeisterung bei seinen überwiegend jugendlichen, männlichen Fans. Doch dieses Mal haben die Macher hoffnungslos überzogen.

Das war in der ersten Filmauskopplung der Serie, in "Tal der Wölfe - Irak", noch anders. Als Polat gegen die US-Besatzer im Irak für die Wiederherstellung der Ehre der türkischen Armee kämpfte, war der Plot glaubwürdiger und die Begeisterung in der Türkei groß.

Dieses Mal wollten die Macher die Emotionen der gesamten arabischen Welt mitnehmen - der Film startete gestern in allen arabischen Ländern - und haben sich dabei wohl verkalkuliert. Durch die Debatten im Vorfeld hat der Film hohe Erwartungen geweckt, die in keiner Weise eingelöst werden. Der Film ist zu schlecht, um wirklich bösartige Wirkung entfalten zu können.

Das erinnert ein bisschen an die türkische Außenpolitik. Immer wenn Ankara glaubt, sich als Vormacht des Nahen Ostens und der gesamten islamischen Welt aufspielen zu können, wirkt das schnell ein wenig lächerlich, genauso lächerlich wie dieser Propagandafilm.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.