Stichwahl in Haiti: Regierungskandidat steigt aus

In Haiti hat der Zweitplazierte bei der Präsidentenwahl nach Vorwürfen der Wahlfälschung seine Kandidatur zurückgezogen. Nachrücker ist ein Musiker.

Darf zur Stichwahl: Wahlwerbung für Mike Martelly. Bild: reuters

SANTO DOMINGO taz | Der Präsidentschaftskandidat der regierenden Einheitspartei Inité, Jude Célestin, wird sich nicht einer Stichwahl stellen. In einer schriftlichen Erklärung an den haitianischen Rundfunksender Radio Metropole kündigte Inité-Sprecher, Joseph Lambert, an, der 48-jährige Schwiegersohn von Staatschef René Préval werde aufgrund des internationalen Drucks auf eine weitere Kandidatur verzichten. Von Célestin selbst gibt es bislang keine öffentliche Stellungnahme.

Mit Célestins Rückzug wäre der Weg frei für eine Stichwahl zwischen der 70 Jahre alten Juristin Mirlande Manigat und dem 49-jährigen Popstar Michel "Micky" Martelly. Er wurde vom Provisorischen Wahlrat (CEP) nach der Wahl am 28. November zum Drittplatzierten erklärt. Unabhängige Beobachter des Urnengangs, die Manipulationen der Stimmabgabe beklagten, sahen Martelly jedoch knapp vor Célestin.

Amtlich ist Célestins Rückzug jedoch noch nicht. Die für den Miami Herald berichtende US-Journalistin Jacqueline Charles zitiert sogar Senator Lambert. "Jude ist nicht einverstanden", das habe ihr ein Vertreter der Einheitskoalition versichert, schreibt Charles, die immer ungewöhnlich gut informiert ist. Wörtlich habe ihr Lambert gesagt: "Wir haben ihn gebeten, von sich aus zurückzutreten, aber er hat gesagt: ,Ich bin nicht so gestrickt. Das ist nicht Teil meines Denkgebäudes.' "

Mit der Erklärung, dass der Préval-Favorit freiwillig seine Kandidatur zurückzieht, versuchen politische Verantwortliche der von Préval selbst ins Leben gerufenen politischen Plattform dem internationalen Druck zu begegnen, den Inité-Mann vom zweiten Urnengang auszuschließen. Zwar hatte Staatspräsident René Préval, der sein Amt verfassungsgemäß am 7. Februar übergeben müsste, nach einer öffentlichen Erklärung aber erst am 14. Mai abgeben will, verärgert und ablehnend auf den OAS-Bericht reagiert.

Eine Sprecherin des Provisorischen Wahlrats hatte eine Änderung des Wahlergebnisses abgelehnt. Aber seit der Veröffentlichung einer OAS-Stellungnahme über massive Wahlfälschungen zugunsten Célestins wächst der Druck auf die haitianische Regierung. Der UN-Sicherheitsrat empfahl die Annahme der Empfehlungen, um die politische Instabilität in Haiti nicht noch weiter zu verschärfen. Washington widerrief zahlreiche US-Visa für führende Inité-Mitglieder. Die Krise wurde durch die überraschende Rückkehr von Exdiktator Jean-Claude Duvalier noch verschärft.

Das offizielle Ergebnis soll am 2. Februar vom CEP verkündet werden. Der zweite Wahlgang könnte nach inoffiziellen Informationen am 20. März stattfinden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.