Euroweb vs. Nerdcore, nächste Runde: Denic stellt sich gegen Euroweb

Im Streit um das populäre Weblog Nerdcore ist die Domain nun wieder auf den Blogger René Walter übertragen worden. Die Firma Euroweb, die das Blog pfänden ließ, ist empört.

In den Mittelpunkt des Streits gerückt: Denic (Archivbild 2001). Bild: dpa

Christoph Preuß, Geschäftsführer der Euroweb GmbH, ist not amused. "Ich habe die Denic immer als neutrale Institution begriffen. Aber die Art und Weise, wie sie sich jetzt verhält, das widerspricht unseren gesellschaftlichen Grundsätzen." Man könne nicht einfach so einen richterlichen Beschluss ignorieren. Er werde das nicht auf sich beruhen lassen, sagt Preuß der taz.

Was ist passiert? Anfang letzter Woche hatte die Denic die Domain des bekannten Blogs Nerdcore.de an ihn übertragen. Euroweb hatte geklagt, weil René Walter, Betreiber von Nerdcore.de in deutlichen Worten negativ über das Preis-Leistungsverhältnis geurteilt hatte. In zu deutlichen Worten, fand auch das Gericht, und verurteilte Walter unter anderem zur Übernahme der Verfahrenskosten.

Nachdem er die nicht beglichen hatte, war Nerdcore.de gepfändet worden. Mitte der Woche hatte Christoph Preuß noch angekündigt, Nerdcore.de versteigern zu wollen und das Geld zu gleichen Teilen der Wikipedia und dem Freischreiber e.V. zu spenden: Beide weigerten sich aber vorab, die in Aussicht gestellte Spende anzunehmen.

Jetzt ist Euroweb die Domain wieder los. Die Denic, die zentrale Registrierungsstelle von .de-Domains, hat als Besitzer der Domain erneut René Walter eingetragen. "Das Internet – eine rechtsfreie Zone?", fragte die das Unternehmen am Sonntag in einer Blog-Stellungnahme. Und antwortete: "Offensichtlich hat die Denic eG in der Vergangenheit schon mehrfach Recht und Gesetz ignoriert und scheint eine eigene Legislative etablieren zu wollen."

"Es gab keine Neubewertung der Denic, sondern eine Erstbewertung," sagt Stephan Welzel, Justiziar der Denic. Die Denic ist als Genossenschaft organisiert: Datenänderungen werden von den einzelnen Hostern durchgeführt. Der Host von Nerdcore.de hatte, nachdem er auf den Pfändungsbeschluss aufmerksam gemacht worden war, Euroweb als Inhaber eingetragen. Nachdem Denic aus den Medien von dem Vorgang erfahren hatte, prüften sie die Überschreibung.

Und da sah Welzel einige Ungereimtheiten. "Zunächst einmal ist überhaupt zweifelhaft, ob dieser Pfändungsbeschluss wirksam ist, denn die Adressen stimmten nicht mit den uns vorliegenden Daten überein." Außerdem bezieht sich der Pfändungsbeschluss nur auf die Third-Level-Domain www.nerdcore.de, und dafür ist die Denic nicht zuständig. "Offensichtlich", sagt Welzel, "hat Euroweb etwas anderes erwirkt, als sie erwirken wollten." Wer derzeit Nerdcore.de aufrufen will, landet auf einer Denic-Seite.

Es gibt noch einen dritten strittigen Punkt: René Walter hätte, als der Wert von Nerdcore.de festgesetzt wurde, gehört werden müssen. "Es handelt sich um eines der größten deutschen Blogs", sagt Dominik Boecker, der Anwalt von René Walter. "Da einen Schätzwert von 100 Euro anzunehmen, ist sehr wenig."

Für den weiteren Verlauf ist Boecker optimistisch: "Der Pfändungsbeschluss ist handwerklich unsauber. Domainpfändungen sind schwieriges Gebiet, überall liegen Minen und Fallstricke." Innerhalb der nächsten zwei Wochen, so hofft er, werde sich die Angelegenheit klären. Wenn sich der Pfändungsbeschluss als unwirksam herausstellt, sei der Fall fürs erste erledigt: "Einen neuen Pfändungsbeschluss wird es nicht geben. Inzwischen ist alles bezahlt."

Wie es, falls es gut für ihn ausgeht, aus Nerdcore.de wird, weiß René Walter noch nicht. "Vielleicht ist die Domain jetzt verbrannt", sagt er und zögert kurz. "Ich hab ein paar Ideen, was man jetzt machen könnte, aber das ist alles noch nicht spruchreif." Sollte er die Domain behalten, könnte er sich beispielsweise vorstellen, sie einer Schülerzeitung zu spenden, "wenn, dann einer Hauptschule", sagt Walter. Es wäre die reichweitenstärkste Online-Schülerzeitung Deutschlands.

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