Außergerichtliche Einigung: Siemens kauft sich frei

33,9 Millionen Euro soll Siemens an Nigeria zahlen. Dann ist ein Korruptionsverfahren wegen Geldwäsche, Korruption und Amtsmissbrauch vom Tisch.

Hier ist man erleichtert: Siemens-Zentrale in München. Bild: dpa

Siemens muss in Nigeria 33,9 Millionen Euro zahlen, dafür geht die nigerianische Regierung nicht weiter wegen Korruption und Geldwäsche gegen den Konzern vor. Am Montagabend verkündete Justizminister Mohammed Bello Adoke vor Journalisten die außergerichtliche Einigung zwischen dem nigerianischen Staat und dem Großunternehmen. Im Gegenzug für die Zahlung verzichtet die nigerianische Regierung auf strafrechtliche, zivilrechtliche und sonstigen Maßnahmen.

Dabei ist es um Geldwäsche, Korruption und Amtsmissbrauch im großen Stil gegangen. Für Femi Babafemi, Sprecher der Kommission zur Bekämpfung von Wirtschafts- und Finanzkriminalität, ist es sogar einer der größten Korruptionsfälle Nigerias in der Vergangenheit überhaupt gewesen. Über mehrere Jahre hätten Mitarbeiter des Konzerns regelmäßig hochrangige Mitarbeiter aus Ministerien und Unternehmen bestochen, ihnen und ihren Angehörigen beispielsweise Flugtickets nach Europa gezahlt, aber auch Krankenhausrechnungen im Ausland übernommen.

Das Beweismaterial ist fein säuberlich abgeheftet und stapelt sich im Büro von Godwin Obla, dem Anwalt der staatlichen Kommission. "Korruption, ganz klar", kommentiert er knapp. Insgesamt sollen rund 12,9 Millionen Euro an die Nigerianer geflossen sein. Manche Schätzungen gehen allerdings von deutlich mehr Geld aus. Doch das Ziel war offensichtlich: Siemens wollte Großaufträge in dem einwohnerstärksten Land des Kontinents.

Debo Adeniran ist Vorsitzender der Koalition gegen korrupte Herrscher. Die Nichtregierungsorganisation findet viel Beachtung, weil Adeniran und seine Mitarbeiter nicht nur lospoltern, sondern Fakten sammeln und differenziert beurteilen. Den Ausgang des Siemens-Verfahrens hat er mit großer Sorge verfolgt.

Natürlich sei die Strafe hoch. "Aber es zeigt doch nur, dass sich große Unternehmen freikaufen können", ärgert er sich über die Entscheidung, die, so befürchtet er, ein Beispiel für andere Unternehmen sein könnte. Noch schlimmer ist für ihn allerdings, dass es kein ordentliches Verfahren mit Urteilsspruch gegeben hat. "Dann hätte es wirklich Gerechtigkeit geben können. Vor allem wäre sie für die Öffentlichkeit transparent gewesen."

Damit steht Debo Adeniran nicht alleine da. Verschiedene nichtstaatliche Organisationen betonen, dass der Weg der außergerichtlichen Einigung falsch sei. Er schade er dem Ansehen des Landes, an dem ohnehin schon das Schild "Korruption" klebt. Denn wer weiß schon genau, was hinter den verschlossenen Türen verhandelt wird?

Der Jurist und Wirtschaftsjournalist Tobi Soniyi sieht auch die nigerianische Regierung in der Verantwortung. "Eine außergerichtliche Einigung bringt viel mehr Geld ein als ein ordentliches Verfahren. Unsere Gesetze sind schwach, wenn es um Wirtschaftskriminalität geht."

Aufgeatmet wird indes in München. "Die Einigung ist ein guter Startpunkt für die zukünftige Zusammenarbeit", sagt Siemens-Sprecher Jörn Roggenbuck. Ohnehin hätte Siemens von Anfang an mit den nigerianischen Behörden kooperiert. Nicht vom Tisch ist das Verfahren allerdings für einige ehemalige Mitarbeiter, auf die zivilrechtliche Prozesse in Nigeria warten.

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