Fragwürdige Privatisierungen: Haushaltsnot lässt Gewinne sprudeln

Die Wasser-Versorgung zu verkaufen, war verführerisch: Bremen vermied durch die Verkaufserlöse eine Neuverschuldung. Dafür machen die Investoren satte Gewinne und die Zeche zahlt der Bürger.

Ganz schön begehrt: das Wasser aus der Leitung. Bild: dpa

Haben auch andere Kommunen bei der Privatisierung der Wasserwerke ihren Gebührenzahlern in die Tasche gegriffen? Diese Frage stellt sich nach der Offenlegung einer geheimen Klausel, mit der der Berliner Senat den privaten Anteilseignern der Berliner Wasserbetriebe eine Gewinngarantie gegeben hat.

In Berlin zahlt ein Vier-Personen-Haushalt im Jahr durchschnittlich 313 Euro für das Frischwasser, in Hannover nur 236 Euro. In Hamburg sind es 263 Euro, in Bremen 300 - und in Ingolstadt 68 Euro. Woher kommen solche Preisunterschiede?

In Berlin haben die Investoren im Jahr 1999 für 49,9 Prozent der Anteile 3,3 Milliarden Mark bezahlt. Dieser Kaufpreis geht als ein Element in die Gebühren-Berechnung ein. Das bedeutet: Die Stadt spart Kredit-Zinsen - über die Wassergebühren werden die Bürger dafür zur Kasse gebeten.

In Bremen gibt es seit Jahren einen großen Streit um die Abwassergebühren. Ende der 90er Jahre wollte der Senat einen Stadtreparaturfonds mit dem Verkauf von "Tafelsilber" füllen. Natürlich rechnete dann der private Betreiber seine Finanzierungskosten bei der Festlegung der Gebühren ein.

Erhöhung schon drin

Während in Berlin die Preise kurz nach der Privatisierung der Wasserwerke kräftig erhöht wurden, passierte dies in Bremen drei Jahre vor der Privatisierung des Abwasserbereichs. "Da wurde die Braut rechtzeitig schick gemacht", sagen Insider. Der Käufer, die Firma Hansewasser, ließ sich vertraglich zusichern, dass die Berechnung der Abwasser-Gebühren, "unabhängig von den tatsächlichen Kosten", an die allgemeine Preisentwicklung angepasst werden sollte - Vertragslaufzeit bis zum Jahr 2028. Hansewasser konnte eine stolze Eigenkapitalverzinsung von 15 Prozent erzielen.

Offiziell begründete der Bremer Senat die Privatisierung damals damit, dass ein privates Unternehmen effizienter sein würde. In Wirklichkeit lagen die Hansewasser-Gewinne bereits im ersten Jahr um ein Vielfaches über dem, was ein Fides-Gutachten als Gewinn prognostiziert hatte. Das weist darauf hin, dass bei den Vertragsverhandlungen bewusst oder unbewusst Fehler gemacht wurden - zugunsten der Privaten. Im Laufe der weiteren Jahre stiegen die Gewinne im Vergleich dazu nur unwesentlich - die Effizienzgewinne hielten sich offenbar in Grenzen.

Der Bund kann sich freuen

Die Stadtgemeinde Bremen hat übrigens nichts von den Gewinnen - die Steuern gehen weitgehend zum Bundesfinanzminister nach Berlin und die Rendite der kommunalen Rest-Anteile ist vertragsmäßig auf drei Prozent des Eigenkapitals festgelegt.

"Das Problem ist", so heißt es in einem streng vertraulichen Vermerk für den grünen Umweltsenator Reinhard Loske, dass die private Firma Hansewasser "viel zu viel Geld" für die Abwasser-Beseitigung bekomme. Und wenn die Abwassergebühren, die die Stadt einzieht, durch gerichtliche Festlegung gesenkt würden, so steht es in dem Vertragswerk, dann sei das kein Grund, die Summe zu korrigieren, die die Stadt an Hansewasser überweisen muss.

Im Kampf gegen die Privatisierung hatten die Betriebsräte schon 1998 auf das Hamburger Beispiel verwiesen, wo die Wasserversorgung - damals als "Anstalt öffentlichen Rechts" - kommunal organisiert bleiben sollte. Heute gibt es in Bremen nur vereinzelte Klagen gegen die Höhe der Wasserpreise. In Hamburg gab es 2004 eine erfolgreiche Volksinitiative gegen den Verkauf der Wasserwerke.

Aber auch dort wurde ins Gebühren-Portemonnaie gegriffen: Von seiner Anstalt öffentlichen Rechts hat sich der Finanzsenator Ende der 90er Jahre 1,8 Milliarden Mark überweisen lassen - die Zinsen dafür stecken heute noch in den Hamburger Wassergebühren.

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