Erdbeben und Tsunami in Indonesien: Viele Tote trotz des Warnsystems

Deutsche Experten sind der Ansicht, dass Tsunami-Warnsystem hat funktioniert, ist aber für die betroffenen Inseln nicht geeignet. Mentawai lag zu nah am Epizentrum.

Bewohner der indonesischen Mentawai-Inseln laufen durch die Ruinen eines zerstörten Dorfes nach dem Tsunami. Bild: dpa

Vier Tage nach dem verheerenden Erdbeben im Westen Indonesiens und dem davon ausgelösten Tsunami sind noch immer nicht alle Opfer geborgen. Auf der betroffenen Inselkette Mentawai wurden nach offiziellen Angaben bisher 347 Tote gezählt. 332 Menschen werden noch vermisst. Mehr als 400 Häuser sind zerstört. Das Beben der Stärke 7,5 hatte sich am Montagabend um 21.42 Ortszeit ereignet. Danach rollten bis zu drei Meter hohe Wellen zum Teil bis zu 600 Meter weit auf die betroffenen Inseln.

Die Mentawai-Inseln liegen vor der Westküste Sumatras an der gleichen Plattenbruchlinie, an der Ende 2004 ein Beben der Stärke 9,2 und der anschließende Tsunami am Indischen Ozean 230.000 Menschen tötete.

Nach dem Tsunami von 2004 war mit deutscher Hilfe ein 100 Millionen Euro teures Frühwarnsystem errichtet worden. Nun wurden Vorwürfe laut, es habe wegen mangelnder Wartung nicht funktioniert. Dem widerspricht Michael Rottmann, der als Wissenschaftsreferent der Deutschen Botschaft in Jakarta den Aufbau des Frühwarnsystems begleitet. "Das System hat funktioniert. Innerhalb von fünf Minuten hat das Nationale Frühwarnzentrum eine Warnung an Medien und Entscheidungsträger in der Region abgesetzt", so Rottmann zur taz. Nach 50 Minuten sei diese Warnung aber wieder aufgehoben worden, weil die Messgeräte keinen signifikant veränderten Wasserstand vermeldeten. Sie seien von der betroffenen Inselgruppe zu weit entfernt gewesen.

Harald Spahn, der als Berater für Frühwarnung für die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Jakarta arbeitet, sagte der taz, es sei bekannt gewesen, dass das Frühwarnsystem für Mentawais geografische Lage kaum anwendbar sei. Denn es sei für eine Warnzeit von 30 bis 45 Minuten ausgelegt, innerhalb deren ein Tsunami etwa die Westküste der Insel Sumatra erreicht hätte. Mentawai jedoch, so der Geologe Spahn, läge direkt über der sogenannten Subduktionszone, wo sich ein Tsunami bildet. Zwischen Beben und Tsunami blieben dort nur etwa zehn Minuten. "In Mentawai müssen die Menschen direkt auf ein Beben reagieren. Das ist aber nicht in ausreichendem Maß geschehen, entweder weil man in Teilen der Region das Beben gar nicht gespürt hat oder weil nicht richtig reagiert wurde."

Inzwischen erreichten erste Hilfslieferungen das Katastrophengebiet. Indonesiens Militär richtete Hilfsflüge ein. Auch Schiffe brachten Zelte und Nahrungsmittel. Weiterhin mangelt es aber nach Angaben von Helfern an Benzin, um Hilfsgüter weiter zu verteilen. Und hunderte Verletzte warteten noch immer auf ärztliche Hilfe. Präsident Susilo Bambang Yudhoyono, der die betroffene Region am Donnerstag besuchte, sicherte schnellstmögliche Hilfe zu. Bisher forderte seine Regierung keine ausländische Hilfe an.

Auch an Indonesiens zweiter Katastrophenfront gab es am Donnerstag noch keine Entwarnung. Der Vulkan Merapi in Zentraljava brach am Nachmittag erneut aus und spuckte Rauch und Asche. Der Vulkan, einer der aktivsten der Welt, hatte bei einem ersten Ausbruch am Dienstagabend mehr als 30 Menschen getötet. Ob es beim gestrigen Ausbruch erneut Tote gab, war bis Redaktionsschluss unklar.

Der nördlich der Stadt Yogyakarta gelegene Merapi ist an seinen fruchtbaren Hängen dicht besiedelt. Mehr als 40.000 Menschen wurden evakuiert. Häufig gehen jedoch die an den Hängen lebenden Bauern trotz höchster Alarmstufe zurück in ihre Dörfer, um sich um ihre Felder und ihr Vieh zu kümmern. Einige Flüchtlingslager sind schon jetzt überfüllt. Es gibt zu wenig Sanitäranlagen und Hygieneartikel.

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