Sicherheitslage in Kirgisien: Jagd auf Usbeken

Außenminister Westerwelle besucht Kirgisien und Usbekistan. Nach den Unruhen im Süden geht der Terror kirgisischer Sicherheitskräfte gegen Angehörige der usbekischen Minderheit dort weiter.

Usbeken aus Osch auf der Flucht ins Nachbarland Usbekistan am 17. Juni 2010. Bild: dpa

Guido Westerwelle tourt durch Zentralasien. Der deutsche Außenminister reist am 17. Juli zum informellen Außenministertreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in die kasachische Wirtschaftsmetropole Almaty. Zwei Tage zuvor wird er Usbekistan sowie Kirgisien und mit dem französischen Außenminister Bernard Kouchner die durch ethnische Unruhen zerstörten südkirgisische Stadt Osch besuchen.

Die OSZE ist bereit, Polizeieinheiten nach Osch und ins südkirgisische Dschalalabad zu entsenden. Dort waren im Juni mehrere Tage systematisch usbekische Wohnviertel gebrandschatzt und Schätzungen zufolge bis zu 2.000 Menschen getötet worden. Zeitweise waren über 500.000 Usbeken ins Nachbarland Usbekistan geflüchtet. "Wir befinden uns in Konsultationen mit den Autoritäten Kirgisiens und hoffen, die Diskussion kurzfristig beenden zu können", sagt ein OSZE-Sprecher der taz.

Das Außenministertreffen der OSZE in Almaty wird sich hauptsächlich mit der angespannten Sicherheitslage in Kirgisien beschäftigen. Die amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch fordert eine sofortige Entsendung der OSZE-Polizei in den Süden des zentralasiatischen Landes. Die kirgisische Regierung steht dem bisher jedoch skeptisch gegenüber.

Als Folge der ethnischen Unruhen machen ausschließlich aus Kirgisen bestehende Sicherheitskräfte Jagd auf Usbeken im Süden. Die usbekischstämmige Bevölkerung hat kein Vertrauen in die kirgisische Polizei.

Während die Usbeken in Osch verängstigt in die Trümmer ihrer zerstörten Häuser zurückkehren, wachsen Zweifel an dem angeblichen Auslöser der ethnischen Unruhen. Als Fanal und Rechtfertigung für den vernichtenden Sturm auf die usbekischen Wohnviertel in Osch gilt bis heute vielen Kirgisen der angebliche Überfall auf das kirgisische Wohnheim der Oscher Staatsuniversität in der Nacht zum 11. Juni. Viele kirgisische Gesprächspartner schildern, wie über hundert bewaffnete Usbeken in das Wohnheim eingedrungen seien, kirgisische Studentinnen vergewaltigt hätten und Studenten aus den Fenstern geworfen hätten.

Auf der Straßenseite des Wohnheims sind die Fenster zerschlagen, aber die Tat, die den Rachefeldzug erklären soll, scheint es nie gegeben zu haben. "Es kam in dem Wohnheim zu keinen Vergewaltigungen", erklärt der Rektor der Universität in Osch, Mukhtar Orosbekow, gegenüber der taz. Usbeken hätten zwar vor dem Wohnheim randaliert, aber sie seien nicht in die Anlage eingedrungen. Die Hausmeisterin und zwei Studenten, die nach den Unruhen in die Anlage zurückgekehrt waren, um ihre Habseligkeiten zu holen, sagen ebenfalls, dass kein Usbeke in der besagten Nacht in das Gebäude eingedrungen sei.

Der kirgisische Rektor versucht das Gerücht zu retten. Wenn nicht in dem Wohnheim, dann sei es anderswo zu diesen Verbrechen gekommen, sagt Orosbekow. "Ein oder zwei Menschen können lügen, aber das Volk sagt immer die Wahrheit."

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