Atommüll: Asse schwappt nach Braunschweig

Die Stadt will nun doch zulassen, dass radioaktive Abfälle aus der Deponie auf ihrem Gebiet bearbeitet werden können. Bürgermeister Hoffmann (CDU) will das nicht zugeben.

Visionär: Der Braunschweiger Künstler Jürgen Ulrich und sein Asse-Karnevalswagen im Februar 2010. Bild: dpa

Gebrüllt wie ein Löwe, als Bettvorleger gelandet: Mit denkbar scharfen Worten hatte Braunschweigs Oberbürgermeister Gert Hoffmann (CDU) im Januar deutlich gemacht, dass er in seiner Stadt keinen Atommüll aus dem Forschungsendlager Asse haben will. "Wir torpedieren alle Pläne, die irgendwie mit der Asse zusammenhängen", verkündete er. Jetzt stellt sich heraus, dass von dem starken Auftritt wohl nichts bleiben wird: Die CDU-FDP-Koalition im Stadtrat wollte am Dienstagabend einen Beschluss aufheben, der es der Firma Eckert & Ziegler hatte unmöglich machen sollen, Asse-Abfälle im Stadtteil Thune zu bearbeiten. Bürgermeister und Fraktion wollen nicht zugeben, dass der Asse-Müll nun doch in Braunschweig landen könnte.

Hoffmann hatte im Januar offenbar spontan auf einen Bericht der Braunschweiger Zeitung (BZ) reagiert: Nach der Entscheidung des Bundesamtes für Strahlenschutz, die Asse zu räumen, wollten Eckert & Ziegler in großem Stil in das Geschäft mit der Entsorgung des Asse-Mülls einsteigen, hieß es in der Zeitung. Dazu wolle die Firma ihre Anlagen in Thune erweitern. Es winkten Großaufträge in mehrstelliger Millionenhöhe.

In Braunschweig schlugen die Wogen hoch: "Wir lassen uns doch nicht nebenbei mal so eben ein kleines Atommüllzwischenlager aufdrängen", polterte Hoffmann. Er werde mit Eckert & Ziegler nicht verhandeln, "ehe die Firma nicht schriftlich von allen Überlegungen Abstand nimmt, irgendwelche Materialien aus der Asse nach Braunschweig zu bringen". Alle Fraktionen - CDU, FDP, SPD, Grüne, BIBS und Die Linke - beschlossen einhellig eine Veränderungssperre: Eckert & Ziegler durften nicht bauen.

Inzwischen behauptet Hoffmann, die geforderte Zusicherung erhalten zu haben: Die Firma werde keinen Abfall mit unzulässigen Grenzwerten verarbeiten, sondern bloß die Arbeiten mit schwach radioaktiven Abfällen fortführen. Die Veränderungssperre sei obsolet.

"Wenn die aufgehoben wird, kann dort auch Müll aus der Asse konditioniert werden", interpretiert Heiderose Wanzelius von der BIBS-Fraktion die Stellungnahme. Die Grünen sehen das ähnlich. "Die verzichten eigentlich nur auf das, was sowieso verboten ist", sagt ihr Fraktionschef Holger Herlitschke.

Herlitschke und Wanzelius werfen Hoffmann Verschleierung vor: Der Oberbürgermeister erwecke fälschlicherweise den Eindruck, mit der Erklärung bleibe der Asse-Müll vor Braunschweigs Toren. Dabei könne Eckert & Ziegler mit seiner geltenden Genehmigung schwach radioaktiven Abfall ganz gleich woher behandeln, eben auch aus der Asse, sagt Herlitschke.

Hoffmanns Sprecher verweist auf Presseerklärungen. Darin heißt es: "Die Stadt hat sich gegen Veränderungen wappnen wollen, die für die Bürger gefährlich werden könnten, nicht gegen die Ausübung bestehender Rechte." Die CDU-Fraktion verzichtete auf eine Stellungnahme.

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