Neue Partei "Solidarische Republik": Gaullistische Alternative für Frankreich

Der frühere Premierminister und Sarkozy-Feind Dominique de Villepin gründet eine neue politische Bewegung: Sie soll von Sarkozy enttäuschte gaullistische Wähler vereinen.

Glaubt, dass die Franzosen "eine andere Stimme" brauchen: der frühere Premierminister Dominique de Villepin. Bild: ap

PARIS taz | Bereits 5.000 Mitglieder soll Dominique de Villepins neue Partei laut eigenen Angaben zählen. Sie sollen 5.000 Sandkörner im Getriebe der Staatsführung von Präsident Nicolas Sarkozy sein. Obschon auf der Rednertribüne sein Namen absichtlich nie genannt wurde, war dieser wie ein Gespenst im Saal gegenwärtig. Die meisten der Zuhörer, die an dieser Taufe der Bewegung "La République solidaire" am Samstag in Paris dabei sein wollten, waren gekommen, weil sie vom heutigen Staatschef, den Ergebnissen seiner Politik, seinem Auftreten oder schlechthin der Lage der Nation enttäuscht sind.

Der 56-jährige frühere Premierminister de Villepin, so glauben oder hoffen sie, verkörpert eine Alternative. Er soll 2012 an Stelle von Sarkozy zum Staatsoberhaupt gewählt werden und die Nation wieder auf den rechten Weg führen. Regelmäßig wurde darum seine Rede vom Ruf "Villepin Président!" unterbrochen.

Obwohl er es noch offen lässt, ob er 2012 wirklich kandidieren wird, macht nur das Wahlduell mit Sarkozy Sinn für diese Gründung einer eigenen Partei durch Dominique de Villepin. Er ist überzeugt, dass er einer politischen Nachfrage entspricht: "Ich engagiere mich, weil die Franzosen eine andere Stimme brauchen." In seiner mit vielen historischen Vergleichen gespickten Rede grenzte sich de Villepin und seine Vorstellung von Frankreich von Sarkozys Machtgebaren ab, das ihm wie eine neue Form eines "Ancien Régime" vorkommt.

"Wenn Frankreich sich spaltet, ist das nicht mehr (wirklich) Frankreich", sagte er und richtete seinen Vorwurf an die Staatsführung: "Wir akzeptieren nicht, dass eine Regierung die Angst vor dem Anderen instrumentalisiert, die Angst vor dem Immigranten, vor dem Fremden, die Angst vor dem Islam. […] Wir akzeptieren diese Jagd auf Sündenböcke nicht, in der Form einer missbrauchten Debatte über die nationale Identität, in der alles zum Vorwand wird, um anzuschuldigen, anzuprangern und auszugrenzen." Auch Sarkozys Sicherheitspolitik ist für ihn bloß eine "Flucht nach vorn", in der der 2005 vom damaligen Innenminister Sarkozy erwähnte "Kärcher ein politisches Programm ersetzen soll". De Villepin fordert eine von der politischen Macht unabhängige Justiz und Rückkehr zu einer klaren Gewaltentrennung, die in einer Demokratie die Norm sein sollte.

De Villepin geht keine politischen Risiken ein, wenn er vor allem auf der Gaullismus-Nostalgie surft. Am Vorabend hatte Frankreich mit Pomp in London und Paris den 70. Jahrestag von Charles de Gaulles BBC-Appell zum Widerstand gegen Hitlers "Drittes Reich" und Marschall Pétains Kollaborationsregime als Stunde null von "France libre" gefeiert.

Ob diese Partei, die bei ihrer Gründung so viel Vergangenheit anruft, auch eine Zukunft hat, ist noch unklar. Zwar äußern in Umfragen rund die Hälfte der Franzosen und Französinnen Sympathien und Wertschätzung, nur 8 bis 10 Prozent dagegen würden de Villepin heute wählen. Selbst unter den ehemaligen Ministern und heutigen Parlamentariern, die ihm politisch sehr nahestehen, zögern mehrere, die Brücken zur Staatsführung abzubrechen und auf die Posten zu verzichten, die ihnen Sarkozy aus taktischem Kalkül anvertraut hat, wie Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire. Die Generalsekretärin von "Solidarische Republik", Exministerin Brigitte Girardin, weiß, wie schwer die Entscheidung vielen Opportunisten fallen wird. Es sei darum möglich, gleichzeitig Mitglied der regierenden UMP oder einer anderen Partei zu sein und de Villepins "Bewegung" anzugehören, erklärte sie.

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