Unverpixelte Aufnahmen: Google umgeht Street-View-Verbot

Datenschützer verhinderten bislang Googles Street-View-Dienst für deutsche Straßen. Jetzt bietet der Konzern plötzlich eine abgespeckte Variante an – ohne Verpixelung.

Unzensiert: Foto vom Checkpoint Charlie in Berlin. Bild: Screenshot: Google Maps

Wer am Dienstag mit dem Kartendienst von Google nach einer deutschen Adresse suchte, konnte in der Navigationsleiste etwas Unerwartetes entdecken: ein kleines, gelbes Männchen. Bei Karten aus den USA oder Großbritannien ist es das Startsymbol für den umstrittenen 360-Grad-Bilderdienst Street View, für Städte in Deutschland dagegen ist dieser noch nicht verfügbar. Doch nun werden auch hier in vielen Fällen Fotos der gesuchten Lokalität angezeigt, oft mit veränderbarer Perspektive.

"Dieser Dienst besteht ausschließlich aus User-Generated Content", sagte Lena Wagner von Google Deutschland zu taz.de. Sämtliche Bilder stammen nicht aus Street-View-Kamerafahrten, sondern seien über die Plattform panoramio.com von Internetnutzern bereitgestellt worden. Die Seite gehöre schon länger zum Konzern, nur die seit Dienstag vorhandene Verknüpfung über Google Maps sei neu. Der Sprecherin zufolge ist das Angebot als Ergänzung zu Street View gedacht. Laut einem Google-Blog handelt es sich um ein weltweit eingeführtes Features – also auch für Länder, in denen Street View schon verfügbar ist.

Pikant ist allerdings: Die angezeigten Aufnahmen stellen zufällig abgebildete Personen und Autokennzeichen unverpixelt dar, sind also identifizierbar. Bei Street View war gerade das ein zentraler Kritikpunkt von Datenschützern. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) bestellte daraufhin Unternehmensvertreter ein. Diese sollen gegenüber Aigner dann zugesagt haben, entsprechende Bildstellen bei dem Dienst generell unkenntlich zu machen.

"Für abgebildete Personen ist dieses neue Angebot im Grunde schlimmer als Street View", urteilt der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert. Denn hier müsse jedes Bild einzeln überprüft werden, um eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten zu verhindern. Weichert vermutet, dass mit der Einbindung der Panoramio-Bilder eine Art Gewöhnungseffekt bei den Deutschen beabsichtigt ist: "Offensichtlich soll der Dienst ein Türöffner für Street View sein."

Unterdessen ist der US-Konzern weiter in rechtliche Auseinandersetzungen verwickelt. Am Montag stellte der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte einen Strafantrag wegen der unzulässigen Speicherung von WLAN-Daten im Rahmen von Kamerafahrten für Google Street View. Bereits im Mai hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg aus dem selben Grund ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dem Unternehmen zufolge ist die Sammlung unabsichtlich erfolgt.

Unter dem Namen Street View bietet Google auf seiner Internetseite seit drei Jahren interaktive 360-Grad-Aufnahmen von Straßenzügen an. In Europa ist das Angebot derzeit für Spanien, Frankreich, Italien, Großbritannien, Niederlande und Dänemark fast flächendeckend verfügbar; für Portugal, Tschechien, Norwegen, Schweden und Finnland immerhin ausschnittsweise. Deutsche Straßen sollen nach Ansicht von Verbraucherministerin Aigner frühestens ab 2011 per Street View ansehbar sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.