Bildungsgipfel in Berlin: Ohne Fahrplan

Die lang angekündigte Bologna-Konferenz von Bildungsministerin Schavan endet ohne feste Verabredungen. Eine "Alibiveranstaltung", kritisiert der Hochschulverband.

Bildungsministerin Annette Schavan hat niemanden zufrieden stellen können. Bild: dpa

Wir sehen uns wieder im nächsten Mai, das war das fassbarste Ergebnis der ersten nationalen Bologna-Konferenz am Montag in Berlin. Wochenlang hatten Studierende, Politiker, Hochschul- und Unternehmensvertreter in drei Arbeitsgruppen Vorschläge erarbeitet, wie die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge studierbarer, die Studierenden mobiler und der Bachelor attraktiver für den Arbeitsmarkt werden könnten. Verbindliche Zusagen fehlten am Ende allerdings.

"Die Konferenz blieb absolut unter unseren Erwartungen: Es gibt keinen Fahrplan und keine Zuständigen, und ich weiß noch nicht einmal, von welchem Konsens hier gesprochen wurde", sagt Erkan Ertan vom Bundesvorstand der SPD-nahen Juso-Hochschulgruppen. Enttäuscht waren auch die ProfessorInnen: "Das war eine Alibiveranstaltung", meinte Bernhard Kempen vom Deutschen Hochschulverband.

Studierende protestieren gegen die Bologna-Konferenz - und rufen zum Gegengipfel. Doch der zieht bis zum Mittag kaum Studierende an. Der Gegengipfel hat offenbar ein Mobilisierungsproblem. Ungefähr 70 Studierende sind gekommen, um am Gegengipfel teilzunehmen. Dort wird die Bologna-Konferenz mit Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) per Beamer übertragen. Die Veranstalter des Gegengipfels fürchten eine Inszenierung auf der Bologna-Konferenz: "Unsere Themen wurden nicht berücksichtigt, die soziale Dimension von Bachelor- und Masterssystem wurde ausgespart", sagt die Studentin Hannah Schurian. Sie hat den Gegengipfel mitorganisiert.

Hohe Erwartungen an die Bologna-Konferenz hat auf dem Gegengipfel offensichtlich niemand. Applaus gibt es, als Ben Stotz, Bundesvorsitzender des "SDS. Die Linke", und Vertreter des Bildungsstreikbündnisses die Bologna-Konferenz aus Protest verlassen und zum Gegengipfel kommen. Stotz sagt: "Wir haben einen Master für alle gefordert. Als wir merkten, dass unsere Forderungen nicht aufgenommen werden, hat die Teilnahme an der Konfernenz keinen Sinn mehr gemacht."

Anders sieht das die Geographiestudentin Elisa Spörl: "Erst Partizipation fordern und dann die Konferenz verlassen - das war destruktiv."

Politikprofessor Peter Grottian will selbstkritisch diskutieren. Er sagt: "Die Politiker haben kein verhandelbares Konzept vorgelegt und die Studierenden konnten ihre Forderungen nicht konkretisieren." Er plädiert für radikalere Aktionen: Gewahrsam für Politiker, die Kürzungen an der Bildung fordern. In einem Monat will das Bildungsstreikbündnis zu einem bundesweiten Streik aufrufen. LAURENCE THIO

Im Ergebnis der Bildungsstreiks des vergangenen Wintersemesters gegen hohe Arbeitslast und wenig Freiräume vor allem im Bachelor-Studium hatte Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) zum Austausch geladen. Die Studierenden hatten 22 Vertreter in die 70 Mitglieder zählende Runde entsandt.

Deren Positionen lagen allerdings weit auseinander: Während der Ring Christlich Demokratischer Studierender für den Bachelor als Regelabschluss plädierte, fordert Ben Stotz vom Sozialistisch-Demokratischen Studierendenverband (SDS) ungehinderten Zugang zum Master-Studium für alle. Daraufhin inszenierte er seinen Ausstieg aus der "Schavan-Show".

Schavan erklärte die Verbesserung der Studienbedingungen zur Chefinnensache und stellte pro Jahr 200 Millionen Euro in Aussicht, mit denen sie kreative Lehrkonzepte belohnen will. Welche das sein könnten, soll eine Stiftung entscheiden, die von den Hochschulen getragen wird. Bei der nächsten Kultusministerkonferenz will Schavan die Länder für diese Idee gewinnen. Der scheidende Kultusminister Sachsen-Anhalts, Jan-Hendrik Olbertz, stellte die Zustimmung der Länder in Aussicht. Allerdings müsste deren Finanzierungsanteil möglichst gering sein. Immerhin redete niemand vom Sparen.

ERKAN ERTAN, JUSO-GRUPPEN

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