Die Wahrheit: Die Biene im Rechtswesen

Dick, gelb, flüchtig – Die emsigen kleinen Pollensammlerinnen sind dem Gesetzgeber eigene Vorschriften im Gesetzbuch wert.

Wer auf jede Blume fliegt wie die Biene, schafft es auch locker, im Bürgerlichen Gesetzbuch aufzutauchen. Bild: ap

Die Biene ist das einzige Tier, das im Bürgerlichen Gesetzbuch namentlich aufgeführt wird - und zwar in den Paragrafen 961 bis 964. Was hat ihr diese herausgehobene Stellung verschafft? Was hat die Biene, was Schaf, Maulbrüter oder Terriermischlingswelpe nicht haben?

Ein besonders schönes, schlaues oder sonstwie liebenswertes Haustier ist sie jedenfalls nicht. Schon deshalb nicht, weil sie nicht tut, was man ihr sagt. Sie lässt sich nicht im Aquarium halten, legt keine Eier mit Omegasäure aus Bodenhaltung und man kann sie nicht abrichten.

Auch das beliebte Apportieren scheitert an ihren wenig durchdachten Größenverhältnissen: einen Stock schafft sie nicht, und mit Pollenkörnern zu werfen macht Herrchen auf die Dauer auch keinen Spaß. Zudem sieht sie von Weitem wie eine dicke krankheitserregerkontaminierte Ekelfliege aus.

War also einer der Väter des Bürgerlichen Gesetzbuches möglicherweise Imker? Oder Biene? War gar Kaiser Wilhelm eine? Saß, als das BGB zum 1. Januar 1900 in Kraft trat, eine Drohne auf dem Throne? Man weiß es nicht.

Bloß gut, dass das BGB mit seinen privilegierenden Regelungen zur Apis mellifera, der Honigbiene, wenigstens nicht unter Hitler auf den Markt kam. Dann hätten Nachwuchswissenschaftler sich ins Feuilleton und auf die Couch jeder Talkshow spekulieren können mit der Frage: Hatte Hitler was mit Bienen? War der Führer apissexuell? Muss die Geschichte des Dritten Reiches umgeschrieben werden?

Und bei Professor Guido Knopp im ZDF liefe "Hitlers Bienen", eine dramatische Geschichtsdoku mit nachgestellten Szenen aus der Führerwabe und einer unterbeschäftigten Jungschauspielerin, die nur mit Mühe ihre Wohnung im Berliner Szeneviertel Prenzlauer Berg halten kann, in der Rolle der Bienenkönigin.

Bienenrechtliche Regelungen wären auch in anderen Rechtsgebieten zu begrüßen. Was bedeutet es völkerrechtlich, wenn eine deutsche Biene ausländischen Luftraum verletzt? Stehen die österreichischen Bienen dann jubelnd am Straßenrand, woran sie sich später nicht erinnern können? Dürfen Arbeitsbienen sich gewerkschaftlich organisieren, so wie ihre Arbeitgeber im Deutschen Imkerbund?

Auch ein spezieller Straftatbestand wäre denkbar: die Körperverletzung mit Schwellungsfolge. Und was sagt eigentlich der Insektensenat des Bundesverfassungsgerichtes zu den Grundrechten? Dürfen Bienen ohne ihre Einwilligung mit Nadeln auf Bretter gepinnt und im Naturkundemuseum ausgestellt werden, und kann die Einwilligung auch nachträglich oder durch schlüssiges Verhalten erteilt werden? Gelten dieselben Maßstäbe wie bei Gunther von Hagens "Körperwelten"?

Doch das ist Zukunftsmusik. Bleiben wir erst einmal bei dem, was wir im Gesetzbuch haben. Und das ist nicht wenig: Man bleibt so lange Eigentümer eines flüchtigen Bienenschwarmes, wie man diesen verfolgt. Ob das auch für den nicht unwahrscheinlichen umgekehrten Fall - Schwarm verfolgt Imker - gilt, ist ungeklärt. Klar hingegen ist: Zieht ein Bienenschwarm in eine fremde Bienenwohnung, so wird er Eigentum des Eigentümers dieser Wohnung. Der Alteigentümer kann die Herausgabe des flüchtigen Schwarmes nicht verlangen. Das ist schlecht für den Imker, aber gut für den Bienenschwarm, der ja sicherlich nicht ohne Grund zu Hause ausgezogen ist.

Analog gilt: Zieht ein Imker bei sich aus und woanders ein, kann der Bienenschwarm nicht verlangen, dass er zurückkommt. Hier wird die ganze Tragweite der §§ 961 ff. BGB deutlich: Auch die Biene muss sich ans BGB halten. Und: Rechtlich steht der Bienenschwarm der verlassenen Ehefrau gleich, die von der Geliebten des Ehemannes auch nicht dessen Herausgabe fordern kann. Ein Rechtsgedanke, der schon manches Menschenleben gerettet hat. Danke, BGB!

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kari

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