Designierte Landeschefin über Niedersachsens Grüne: "Bei uns gibt es viele Köpfe"

Anja Piel erklärt, wie sie mit Stefanie Hennecke landespolitische Doppelspitze bilden und globale Themen bearbeiten will.

"Sozial und ökologisch kann man nicht voneinander trennen": Anja Piel. Bild: Grüne

taz: Frau Piel, ist Ihre Kandidatur auch eine späte Genugtuung für die alte Niederlage?

Anja Piel: Ach was, das ist doch längst Geschichte. Wir waren damals halt zwei Bewerberinnen, beide noch relativ unbekannt - und Susanne Leifheit hat mehr Stimmen bekommen.

… und hat dann nach neun Monaten abgedankt.

Industriekauffrau, verh., zwei Kinder, stellv. Ortsbürgermeisterin von Fischbeck (Hessisch Oldendorf), seit 2007 Grünen-Vize.

Der Parteitag am 17. / 18. 4. in Northeim feiert auch 30 Jahre Landes-Grüne.

Das habe ich auch sehr bedauert - weil ich sie als Mensch sehr schätze und wir im Parteirat gut zusammengearbeitet hatten. Die Situation jetzt ist jedenfalls eine ganz andere.

Diesmal sind Sie die einzige Bewerberin.

Bisher ja. Wichtiger ist, dass ich durch meine Arbeit als Stellvertreterin schon Vorstandserfahrung mitbringe.

Und ein Vorstand ganz ohne Anbindung an institutionelle Politik ist kein Nachteil?

Natürlich fällt es schwerer, in der Opposition Popularität zu gewinnen. Die Außenwahrnehmung ist eine andere …

… und wird noch verringert, wenn keine der Parteichefinnen im Landtag sitzt. Warum nicht wie die SPD einen Vorsitzenden aus der Fraktion suchen?

Das ist vor allem eine Frage der politischen Kultur: Wir sind da einfach anders und weniger hierarchisch sortiert. Das müssen Sie uns schon zugestehen: Wir sind die Partei der Basisdemokratie. Und das spiegelt sich eben auch in der Art, wie bei uns Ämter besetzt werden: Das wird auch von uns erwartet. Und wir sind damit erfolgreich: Wir haben Zuwächse bei den Wahlen und bei den Mitgliedern. Bei uns gibt es eben viele Köpfe, die sich beteiligen. Es können sich nicht nur die Abgeordneten in die Programm-Arbeit einbringen.

Bei der Sie selbst welche Schwerpunkte setzen wollen?

Im Moment fällt das leicht - weil Schwarz-Gelb in Bund und Land in so vielen Punkten völlig am Volk vorbei regiert.

Wo konkret?

Zum Beispiel in der Atompolitik. Da ist Niedersachsen doppelt betroffen, einmal durch die unselige Debatte um die Laufzeitverlängerungen, andererseits durch die Endlagerfrage an den Standorten Gorleben und Asse, wo sich ja derzeit fast täglich unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigen.Wir erleben das aber auch beim Unterschriftensammeln fürs Bildungs-Volksbegehren: Die Menschen haben kein Interesse, das ungerechte, veraltete viergliedrige Schulsystem - denn die Sonderschule gehört ja dazu - über die Jahre zu retten. Die Eltern wollen auch kein Turbo-Abi für ihre Kinder. Sie haben es satt, dass die Gründung von Gesamtschulen planmäßig verhindert wird. Da müssen wir dran bleiben. Dann beschäftigt uns die Frage: In welcher Welt wollen wir leben.

Das klingt jetzt nicht so landespolitisch.

Ist es aber. Das brennt gerade in Niedersachsen unter den Nägeln: Wir sind Agrarland. Die Gentechnik-Debatte spielt hier, und es gibt überall auf dem Land massive Bestrebungen, industrielle Mastställe in den Dörfern zu errichten. Hannover fördert das. Haben will die auf den Dörfern aber niemand.

Die Öko-Sujets sind also in der Doppelspitze Ihr Feld, Stefanie Hennecke kümmert sich um Soziales?

Nein, so wird die Arbeitsteilung nicht aussehen, das ginge gar nicht: Wenn etwa das Land mit teuren Kampagnen für die Akzeptanz von Gentechnik wirbt, aber kein Geld für Schulobst bereitstellen will, wo ordnen Sie das dann ein? Sozial und ökologisch kann man nicht voneinander trennen.

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