Kommentar Nukleargipfel: Obamas zu kleine Schritte

Ob der Washingtoner Nukleargipfel die Welt sicherer gemacht hat , muss sich erst noch zeigen. Es war ein Fehler, Länder wie Iran und Nordkorea nicht einzuladen.

Der Washingtoner Gipfel zur Nuklearsicherheit habe "die Welt sicherer gemacht", verkündete US-Präsident Obama. Doch das muß sich erst noch zeigen.

Zunächst sind die Maßnahmen, die im bereits vor Gipfelbeginn verfaßten Abschlußkommunique angekündigt werden, nur Absichtserklärungen. Und die konkreten Schritte, die als angebliche Erfolge des Gipfels vermeldet wurden - wie etwa die Auslagerung von 90 Kilo hochangereichertem Uran aus der Ukraine in das vermeintlich sicherere Rußland - waren ohnehin längst vereinbart.

Zudem war der Gipfel auf einem Auge blind: Thema war nur die Kontrolle und sichere Verwahrung von rund 2.000 Tonnen Plutonium und hochangereichertem Uran, die schon heute existieren in einer Welt mit acht Atomwaffenstaaten sowie 36 weiteren Ländern, die die Nukleartechnologie bislang lediglich zur Energiegewinnung einsetzen - sie aber theoretisch auch für militärische Zwecke nutzen könnten.

Die Nuklearindustrien und Regierungen Frankreichs, der USA aber auch Deutschlands wollen die Zahl dieser Länder in den kommenden Jahren durch den Export von Atomkraftwerken und nuklearer Technologie kräftig erhöhen. Bis 2.030 sollen weltweit 400 neue AKW's gebaut werden, bis 2.050 weitere 200, verkündete Frankreichs Präsident Sarkozy kürzlich auf einer Tagung der OECD. Doch von diesen mit enormen Sicherheitsrisiken verbundenen Plänen war auf dem Washingtoner Gipfel keine Rede.

Es war zudem ein Fehler, dass Obama just die Staaten mit erwiesenen oder mutmaßlichen Atomwaffenambitionen wie Nordkorea und Iran nicht zu dem Gipfel eingeladen hatte. Stattdessen nutzten Obama, Merkel und Sarkozy die Veranstaltung, um die gescheiterte und kontraproduktive Sanktionspolitik gegen Teheran weiter zu verschärfen.

Nach der zumindest rhetorischen Entschärfung der US-Atomwaffendoktrin und der Unterzeichnung des START-Nachfolgevertrages mit Moskau war der Gipfel Obamas dritter Schritt auf dem Weg zu einer atomwaffenfreien Welt. Doch diese Schritte waren nicht groß genug und zu widersprüchlich, um positive Reaktionen in den Hauptstädten Irans, Nordkoreas und anderer Problemländer zu bewirken. Daher ist weiterhin offen, ob Obama sein wichtigstes Zwischenziel, den Erfolg der Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag im Mai in New York, erreichen wird.

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Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.

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