Thüringens Justiz: Nachsicht mit Nazi-Schlägern

Ein grüner Kreistagsabgeordneter und sein Bruder wurden Opfer eines Angriffs in Sonneberg. Das Gericht ignorierte rassistische Motive der Täter und verhängte nur Arbeitsstunden.

Die Richterin wollte "Leute nicht nach Äußerlichkeiten beurteilen" (Sandmann-Handpuppen aus der Sonni-Spielwarenproduktion). Bild: ap

DRESDEN taz | In Thüringen sorgt ein mildes Urteil gegen rechtsextreme Schläger für Empörung bei den Geschädigten und Opferberatungen. Am Montag verurteilte das Amtsgericht Sonneberg zwei vorbestrafte junge Männer wegen einfacher Körperverletzung lediglich zu gemeinnützigen Arbeitsstunden, ein dritter wurde freigesprochen. Schon die Anklage der Staatsanwaltschaft ließ rassistische oder politische Motive des Übergriffs auf den bündnisgrünen Kreistagsabgeordneten Filip Heinlein und seinen Bruder unerwähnt. Die Richterin wollte ebenfalls "Leute nicht nach Äußerlichkeiten beurteilen". Man solle nicht Dinge herbeireden, die nicht existieren.

Im November 2009 fiel eine Gruppe junger Männer in Thor-Steinar-Kleidung und mit kurz geschorenen Haaren in einer Gaststätte auf. Sie sangen ein antisemitisches Lied und pöbelten Punks an. Vor der Gaststätte wurde der 16-jährige Bruder Heinleins wegen seiner "Judenlocken" beschimpft und sollte seine Hose herunterlassen. Er und Filip Heinlein wurden geschlagen und getreten, ein Glas ging an einem Kopf zu Bruch. Ein junger Zeuge, der den Vorfall zunächst detailliert schilderte, widerrief seine Aussage in der Verhandlung - aus "panischer Angst", meint Heinlein. Bei der Richterin sieht er den "Wunsch, dass es solche Dinge nicht gibt".

Im Raum Sonneberg häufen sich derartige Attacken. Die Opferberatungen THO und Mobit sprechen von einer Atmosphäre der Angst und des Totschweigens. Der Innenausschuss des Landtages stufte den Fall als rechtsextrem ein.

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