Pfanni-Satire auf Youtube: 100 Prozent deutsche Kartoffeln

Ein studentischer Werbespot für eine Fertiggerichtmarke führt zu Boykottaufrufen gegen den Knödelhersteller. Der fühlt sich zur Klarstellung bei YouTube genötigt.

"Unser Mitarbeiter des Monats". Bild: screenshot youtube

Man kann das Filmchen lustig finden, muss es aber nicht: Studenten der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) in München schufen eine einminütige Hip-Hop-Persiflage, in der ein harter Rapper ("Unser Mitarbeiter des Monats") samt Crew für "100 Prozent deutsche Kartoffeln" der Marke "Pfanni" wirbt, während er martialisch durch ein Hochhausghetto rennt. "Ich hol' Dich aus dem Garten (...) ich werd' Dich klatschen, zerfetzen, zerquetschen (...)", heißt es darin, während der Hauptdarsteller eine Kartoffel mit der Faust bearbeitet - und schließlich: "100 Prozent deutsche Kartoffeln - 100 Prozent Kartoffelpüree."

Der Spot, den weder Pfanni noch dessen Mutterkonzern, der internationale Lebensmittelriese Unilever, offiziell beauftragt haben, lief Anfang März im Rahmen des Mannheimer Werbe-Festivals "Spotlight" und schnappe sich dort sogar den Publikumspreis in Silber und den Jurypreis in Bronze. Das scheint allerdings inzwischen Ewigkeiten zurückzuliegen: Auf der Website der vom Satiriker Oliver Kalkofe moderierten Veranstaltung sind die "deutschen Kartoffeln" inzwischen nicht mehr zu finden, sie wurden aus dem Netz genommen. Auch die Rechtspopulisten von Politically Incorrect entdeckten den Spot. Auf ihrem Blog P.I. tauchte der Spot als Beispiel Anfang der Woche für den angeblichen "Geburtenjihad in unseren Städten" auf. "Dieser Film soll uns also in ironischer Weise schonmal auf unseren künftigen Alltag einstimmen", hieß es unter anderem mit Verweis auf die Darsteller in der Werbe-Persiflage, die die rechten Blogger als "Südländer" ausmachten. "Deutsche Kartoffeln" stehe demnach für die "dummen Deutschen", die "in ihren Viertel nichts mehr zu sagen" haben. Der Begriff der Erdknolle sei eine bekannte "deutschenfeindliche Beleidigung". Pfanni instrumentalisiere damit das "täglich erfahrene Leid von Deutschen ohne Migrationsbiografie", hieß es in Kommentaren. Dabei kann die Firma nichts für den Spot - und sicher auch nichts für das empfundene Leid der rechten Blogger. Ein Protestschreiben an Pfanni/Unilever war schnell aufgesetzt. Die reagierten schnell: Auf YouTube fand sich eine Stellungnahme, laut der sich das Unternehmen von dem Spot "aufs Schärfste" distanziere. "Ungefragt und unerlaubterweise wurde hier unser Pfanni-Logo missbraucht. Leider haben wir keinen Einfluss auf diverse Internetseiten, die diesen Image-schädigenden Spot verbreiten." Man behalte sich juristische Schritte vor, mit dem Spot habe man rein gar nichts zu tun. Dass die kreativen Studenten nun wirklich Ärger mit den Anwälten des Lebensmittelriesen bekommen, ist allerdings relativ unwahrscheinlich. Wie ein Unilever-Sprecher gegenüber der "Frankfurter Rundschau" mitteilte, sei eine Klage nicht geplant. Hauptproblem für den Konzern sei es, dass es den Konsumenten nicht klar sei, dass der Spot nicht von Pfanni komme. Man hoffe aber, "dass unsere Kunden auch weiterhin unseren Produkten vertrauen". Das Thema kochte inzwischen selbst bei der FR über: Bei dem Beitrag, in dem die Geschichte geschildert wurde, musste die Kommentarfunktion abgeschaltet werden. "Wir behalten uns solche Maßnahmen vor, wenn wir die Äußerungen unserer User für unangemessen halten", schrieb die Redaktion. Von den Studenten und den "Spotlight"-Veranstaltern war indes bislang nichts zu hören. "Wenn man irgendeine Moral aus der seltsamen Geschicht' ziehen kann, dann die, dass Dummheit und Borniertheit, die natürlichen Feinde der Kunst, im Internet einen unfassbar fruchtbaren Humus gefunden haben", so die FR in ihrem Fazit. Eventuell sollte man aber auch auf einen YouTube-Kommentator hören, der angesichts des sich auch dort aufschaukelnden K(r)ampfes um die Knolle einfach nur philosophisch blieb: "Jetzt hab ich voll Lust auf Kartoffeln bekommen." Guten Appetit.

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