Kommentar Konsum: Sich die Welt schönkaufen

Weil Ressourcen- und Klimakrise keine individuellen Probleme sind, kann das Individuum sie nicht lösen.

Erstens: Die Menschheit lebt auf zu großem Fuß. Zweitens: Die USA sind in dieser Hinsicht noch schlimmer als die Europäer. Drittens: Wenn es so weitergeht, geht es nicht mehr lange. So weit hat der Bericht "Zur Lage der Welt 2010" des Worldwatch-Instituts, der gestern vorgestellt wurde, wenig Neues zu bieten.

Germanwatch und Heinrich-Böll-Stiftung veröffentlichen diesen Lagebericht des Worldwatch-Institutes auf Deutsch, so geht das nun schon seit Jahren. Neu ist im Jahr 2010 der Lösungsansatz: Der Verbraucher soll es richten. Natürlich muss die Politik den richtigen Rahmen stellen. Aber der Verbraucher ist ja auch Wähler und Ökostrom die Alternative, so die Logik.

Um die Lage der Welt steht es also ziemlich übel. Weder fällt den Vordenkern und Thinktanks zur Rettung der Welt etwas Neues ein noch scheinen sie bereit, in neue Richtungen zu denken. Eben weil Ressourcen- und Klimakrise keine individuellen Probleme sind, kann das Individuum sie nicht lösen. Sich die kapitalistische Welt schönzukaufen, wie es ökologisch korrekte Konsumfans seit Jahrzehnten propagieren, hat bislang noch nicht einmal dazu geführt, wenigstens das Tempo der Selbstzerstörung zu drosseln. Und Leute, die mit atmosfair nach Amerika jetten, sind keine besseren Konsumenten - sie kaufen sich bloß ein gutes Gewissen.

Solange nur innerhalb des kapitalistischen Systems nach einer Lösung dieser Menschheitsfragen gesucht wird, wird sich keine Lösung finden. Denn dieses System gründet auf Wachstum, das wir uns eigentlich nicht mehr leisten können. Außerdem werden die Umweltkosten nicht einkalkuliert: Die kapitalistische Wirtschaftswissenschaft definiert das Wasser der Flüsse oder die Luft als "öffentliche Güter", die niemand besitzt. Ergo haben sie keinen Preis und können von jedem uneingeschränkt genutzt werden. Längst hat die Ressourcen- und Klimakrise diese Idee als Irrwitz offenbart. Was fehlt, ist ein System, um den Fehler zu korrigieren.

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Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.

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