Kein Rausschmiss wegen Pöbelei: Sarrazin darf Sozi bleiben

Der Berliner Exsenator Thilo Sarrazin wird nicht aus der SPD ausgeschlossen. Nach diesem Urteil der Landesschiedskommission knöpfte er sich gleich die Parteilinke vor.

Na, noch ein markiges Wort fürs Mikro? Sarrazin auf dem Weg zur Landesschiedskommission. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Landesschiedskommission der SPD hat einen Parteiausschluss des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin abgelehnt. Zwar werde Rassismus in der SPD nicht geduldet, Sarrazin erfülle jedoch mit seinen Äußerungen "nicht sämtliche Merkmale der Definition", heißt es in der Entscheidung, die die Partei am Montag veröffentlichte. Die SPD-Hauptstadtverbände Spandau und Alt-Pankow hatten das Verfahren eingeleitet, nachdem Sarrazin nach seinem Wechsel in den Vorstand der Bundesbank im vergangenen Jahr in einem Interview über Migration gesprochen hatte. Araber und Türken hätten lediglich "eine produktive Funktion für den Obst- und Gemüsehandel" und würden ständig "neue kleine Kopftuchmädchen" produzieren, sagte er.

Das Schiedsgericht urteilte in zweiter und letzter Instanz: Sarrazin sei auch deshalb nicht rassistisch, weil er nicht alle Migrantengruppen gleichermaßen abgewertet habe. Sarrazin hatte gesagt, Vietnamesen und Osteuropäer seien integrationswillig und hätten in der zweiten Generation überdurchschnittliche Erfolge. Juden hätten einen um 30 Punkte höheren Intelligenzquotienten. Nur bei Arabern und Türken gebe es einen geringeren Integrationswillen.

Zwar kritisierte auch das Landesschiedsgericht, Sarrazin verstoße auf den ersten Blick gegen das Menschenbild des Grundsatzprogramms: Seine Äußerungen zeugten "von einem sehr pessimistischen Menschenbild". Er gebe 20 Prozent der Bevölkerung verloren und sei der Meinung, diese müssten sich "auswachsen". Nicht zu beanstanden sei dagegen Sarrazins Äußerung, der Zuzug von Ausländern nach Deutschland müsse etwa an die Beherrschung der deutschen Sprache geknüpft werden. In der Entscheidung heißt es: "Die Praxis anderer anerkannter Rechtsstaaten wie etwa der Vereinigten Staaten, die ein anderes System des Zuzugs praktizieren, sollte auch innerhalb der SPD offen diskutiert werden können."

Der Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes Spandau, der den Ausschluss beantrag hatte, bedauerte die Entscheidung. Raed Saleh sagte der taz: "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass solche Äußerungen in der SPD keinen Platz haben sollten."

Sarrazin wiederum sagte gegenüber der Online-Ausgabe der Berliner Morgenpost, dass er selbstverständlich in der SPD bleiben werde. Er ist seit 1973 Mitglied. Seine Gegner vom linken Flügel der Sozialdemokratie müssten prüfen, ob sie noch die Interessen einer Volkspartei vertreten wollen, die den Anspruch habe, die Lebenslagen einer Mehrheit der Menschen wiederzuspiegeln, so Sarrazin. Ihnen gehe es nicht um Mehrheiten für die SPD. „Sie streiten eher für Mehrheiten innerhalb der Partei“, so Sarrazin zu Morgenpost Online.

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