Wahl in Nordrhein-Westfalen: Es ist wieder alles offen

Drei Monate vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen stürzt die FDP in Umfragen ab - und die Grünen hoffen auf Rot-Grün. Auch ein Bündnis mit der CDU bleibt denkbar.

Buhlt um die Grünen: NRW-Ministerpräsident Rüttgers. Bild: dpa

Nordrhein-Westfalens Grüne wollen regieren. Auf ihrem Landesparteitag in Essen haben die Delegierten mit überwältigender Mehrheit zwar eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP ebenso ausgeschlossen wie eine von der Linkspartei nur tolerierte Minderheitsregierung mit der SPD. Drei Monate vor den Landtagswahlen aber bleibt Schwarz-Grün in Nordrhein-Westfalen ebenso denkbar wie eine Regierungskoalition mit der SPD, mit der die Grünen das größte Bundesland bereits von 1995 an zehn Jahre lang regiert hatten - sollten die Sozialdemokraten "liefern können" und die nötigen Stimmen für eine rot-grüne Mehrheit zusammenbekommen.

Die grüne Spitzenkandidatin, Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmann, die noch vor Wochen demonstrativ die Nähe von CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gesucht hatte, sparte angesichts neuer Umfragen nicht mit Angriffen auf den Regierungschef: Nach einer Mitte der Woche veröffentlichten Forsa-Umfrage wird es für Rüttgers knapp. Danach liegen CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen derzeit bei 47 Prozent, die SPD dagegen bekäme 32 Prozent und die Grünen hätten 11 Prozent. Die Linke käme mit 5 Prozent knapp in den Landtag. Zuvor hatte das Institut Infratest Schwarz-Gelb sogar nur noch bei 45 Prozent gesehen.

Eine CDU, die weiter auf das "selektive Bildungssystem" setze und an Atomstrom und Kohle festhalte, könne für die Grünen kein Partner sein, sagte Löhrmann deshalb: "Ich kann mit Rüttgers reden - aber er macht die falsche Politik." Gleichzeitig betonte die Spitzenkandidatin aber, die Grünen seien "in der Mitte der Gesellschaft angekommen" und verfolgten einen Kurs der "Eigenständigkeit".

Bundesparteichefin Claudia Roth kritisierte dagegen die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung als "räuberisch"; CDU und FDP entpuppten sich als Klientelparteien, die der Atomlobby ebenso dienten wie der Gastronomie. Und die zum linken Parteiflügel zählende Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger sagte gegenüber der taz, "Wunschpartner" der Grünen bleibe die SPD.

Befeuert wurde die beinahe euphorische Stimmung der Delegierten durch massive Auflösungserscheinungen von Rüttgers schwarz-gelber Regierungskoalition. Der Christdemokrat geht angesichts eines schwachen FDP-Umfragewerts von nur noch 6 Prozent auf Distanz zu seinem kleinen Koalitionspartner. In einem in den grünen Parteitag lancierten Interview mit dem Spiegel forderte Rüttgers, die liberalen Steuersenkungspläne und die von FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler mit seiner politischen Zukunft verknüpften Kopfpauschale im Gesundheitswesen aufzugeben.

Umworben werden die Grünen auch von SPD und Linkspartei. In den verbleibenden drei Monaten bis zur Wahl könne Rot-Grün in NRW die absolute Mehrheit zurückerobern, machte SPD-Chef Sigmar Gabriel seinen Genossen Mut. Wie zuvor die SPD-Landesvorsitzende Hannelore Kraft verdeutlichte Gabriel aber, dass er den Landesverband der Linkspartei derzeit für nicht regierungsfähig halte.

Die designierte Linken-Chefin Gesine Lötzsch rechnet dagegen mit einen rot-rot-grünen Bündnis am Rhein - schließlich hätte das massive Auswirkungen auf den Bund: "Die SPD wäre schlecht beraten, ein Ende der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat zu verhindern."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.