Seniorenband-Film "Die Spätzünder": Gschichtl aus dem Altersheim

Ein zum Sozialdienst Verdonnerter gründet die Rentnerband "Rocco und die Herzschrittmacher". Der ARD-Fernsehfilm bedient sich an unzähligen Klischees und wirkt wie ein Märchen.

Es wird geraucht, gesoffen und geschmuggelt: Rocco und die Herzschrittmacher. Bild: SWR/Dor Film/Petro Domenigg

Gut schaut er aus, der Blacky Fuchsberger, immer noch. Tolle Augen, schönes Haar, und nie stören ein zitternder Tropfen an der Nasenspitze oder etwas verkleckerte Suppe auf dem Wams den Gesamteindruck. Von anderen alten Leuten kennt man derlei Unschönheiten. Aber die "Spätzünder" der titelgebenden ARD-Komödie sind stets proper anzuschauen.

Es gibt solche "Ja, aber"-Filme. "Die Spätzünder" gehören unbedingt dazu. Ja, das Drehbuch ist wirr. Ja, der Film denunziert, was er zu kritisieren vorgibt. Und ja, Jan-Josef Liefers ist zu alt für seine Rolle des rebellischen Rocco, der eine Rentnerband gründet.

Aber. Es sind halt so tolle Schauspieler, denen man einfach gern zuschaut. Und trotz eines Höchstmaßes an dramaturgischem Gaga sind die Dialoge mitunter ziemlich witzig. Und schließlich ist alles so ein bisschen Märchen und Gschichtl.

Die Story ist so simpel wie vorhersehbar. Der charmante Verlierer Rocco wird zum Sozialdienst im Altersheim verurteilt. In diesem Hühnerknast auf Hotelniveau sorgt er für das Quäntchen Wärme und Zuwendung, das den Altchen gefehlt hat. Und was soll man sagen? Sie blühen auf, werfen ihre Krücken weg und wollen - naheliegenderweise - eine Band gründen. Daraufhin wird zum Ende des zweiten Aktes der Rocco rausgeschmissen, damit die Altenheimbewohner sich im Finale von der Knute der Heimleitung befreien können. Nebenbei verliebt sich Rocco in die kratzbürstige Krankenschwester Marina Schatz …

Dieser Plot ist einfach zu blöd? Absolut richtig. Und besonders weh tut es, wenn "Rocco und die Herzschrittmacher" die Bühne rocken. Aber man schaut ihnen halt so gern dabei zu. Dem Fuchsberger und dem Liefers. Der Bibiana Zeller und ihrer Burgtheater-Kollegin Libgart Schwartz. Es wird geraucht und gesoffen und geschmuggelt, und wenn Libgart Schwarz mit doggigem Gesicht sagt "Sie heißen Rocco? Klingt wie ein Pornostar", ist das eben wunderbar.

Es gibt, wie gesagt, solche "Ja, aber"-Filme. Das sind die mit den Märchenstoffen: Strippende Arbeitslose hat man schon gesehen, nackte Kalenderhausfrauen und nun eben auch rockende Rentner. Der Film "Die Spätzünder" tut eine Menge dafür, dass man ihn nicht mag. Er karikiert die behauptete Selbstbestimmung seiner Protagonisten im Rentenalter und zeichnet wieder nur das Bild von den Alten, die ja könnten, wenn man sie ließe. Als seien künstliche Hüftgelenke, Zahnprothesen und Schwerhörigkeit ein Kinderspiel.

Drehbuchautor Uli Brée hat es gefallen, eine Heimleiterin namens Frau Glück reinzuschreiben, die die Qualitäten einer rumänischen Turntrainerin hat. Und schließlich hat eine grausame Kostümbildnerin verfügt, dass in den Nachtszenen nur besonders lächerliche Schlafanzüge und Nachthemden getragen werden. Schlimm, schon klar.

Aber. Schön isses doch. Halt ein Märchen, ein Gschichtl.

Ja, das Drehbuch ist wirr. Ja, Alte werden karikiert. Ja, der Film strotzt nur so vor Klischees. Aber: Schön isses doch. Irgendwie.

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