Heidewasser: Angst vor der Lüneburger Wüste

Hamburg will mehr Trinkwasser aus der Lüneburger Heide pumpen. Naturschützer fürchten ökologische Schäden und fordern den Stopp der Wasserentnahme.

Sinkende Pegel: der Fluss Lutter bei Celle. Bild: dpa

Das sofortige Ende der Wasserförderung in der Lüneburger Heide hat die Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN) gefordert. Schon jetzt würden viele Flüsse in der Lüneburger Heide bis zu 50 Zentimeter weniger Wasser führen, Bäche und Feuchtgebiete würden gelegentlich trockenfallen. Der Grund sei die Förderung von Trinkwasser durch die Hamburger Wasserwerke (HWW) in dem Gebiet, glaubt IGN-Sprecher Karl Hermann Ott: "Wir wollen keine Lüneburger Wüste."

Die Initiative hat deshalb am Mittwoch beim Landkreis Harburg in Winsen / Luhe ihre förmlichen Einwendungen gegen eine weitere Wasserentnahme eingereicht. In ihrer Stellungnahme behauptet sie, die HWW könne "den Bedarf an Heidewasser nicht nachweisen", weil es "ortsnahe Alternativen auf Hamburger Stadtgebiet" gebe. Die in 15 Aktenordnern vorgelegten Antragsunterlagen der HWW seien "mangelhaft" und nicht genehmigungsfähig. Die Initiative fordert darum, auch die vorläufige Fördererlaubnis aus dem Jahr 2004 zurückzunehmen - das würde das Ende der Trinkwassergewinnung in der Nordheide bedeuten.

Die Hamburger Wasserwerke haben einen Antrag auf jährliche Förderung von 16,6 Millionen Kubikmeter Wasser beim zuständigen Landkreisamt in Winsen / Luhe eingereicht. Bereits seit 1983 fördern sie im Norden der Lüneburger Heide Trinkwasser. 25 Millionen Kubikmeter im Jahr haben sie sich seinerzeit genehmigen lassen, die tatsächlich geförderte Menge liegt aber nur bei etwa 15,7 Millionen Kubikmeter. Diese wasserrechtliche Erlaubnis ist ausgelaufen, für die Verlängerung wurde eine Erhöhung auf 16,6 Millionen Kubikmeter beantragt. Insgesamt fördern die HWW in 18 Wasserwerken in Hamburg und Umgebung jährlich etwa 200 Millionen Kubikmeter Trinkwasser.

"Wir agieren in der Heide sehr sensibel", erklärt HWW-Sprecher Carsten Roth. Zwar würde an zwei Stellen das Grundwasser und damit die Wasserstände von Flüssen oder Bächen zeitweise absinken. Das sei aber saisonal bedingt und deshalb "reversibel". Schäden gebe es nicht, sagt Roth: "Die Abflüsse sind gering und für das Ökosystem verträglich."

Die Chronik der Wasserförderung in der Nordheide:

1974: Den HWW wird erlaubt, 30 Jahre lang 25 Millionen Kubikmeter (m(3)) pro Jahr zu fördern

1978: Baubeginn Wasserwerk

1979: Gründung der Interessengemeinschaft Grundwasserschutz

1984: Beginn der Förderung

1986: Zusage des Hamburger Senats, die Pumpmenge auf 15 Mio. m(3) zu begrenzen

2000: Der Harburger Kreistag beschließt, 15 Mio. m(3) als Maximalwert festzuschreiben

2004: Die 30-jährige Bewilligung läuft aus und wird übergangsweise verlängert

2009: Die HWW beantragen die Erhöhung der Fördermenge auf 16,6 Mio. m(3) pro Jahr. Im Oktober fanden öffentliche Anhörungen vor Ort statt

Das bezweifeln die Grünen im Niedersächsischen Landtag. Sie haben einen Antrag eingebracht mit der Forderung, die Wasserförderung in der Heide "an die Folgen des Klimawandels anzupassen". Die Förderung solle befristet und mit einem "Klimaschutzabschlag von 20 Prozent" gedeckelt werden, findet die Lüneburger Grünen-Abgeordnete Miriam Staudte. Klimamodelle sagten voraus, so Staudte, dass die Grundwasserbildung im Norden wegen sich ändernder Verteilung der Niederschläge "nicht mehr in dem Umfang wie in der Vergangenheit erfolgen wird".

Als Konsequenz solle Niedersachsen auch eine Abgabe - den "Wasserpfennig" - erhöhen und zweckgebunden für Wassersparmaßnahmen in Industrie, Landwirtschaft und Privathaushalten einsetzen. Wann das Parlament in Hannover sich mit dem Thema befasst, ist noch offen.

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