Cécile Lecomte vor Gericht: Verbale Nötigung in luftiger Höhe

Die Anti-Atom-Aktivistin Cécile Lecomte erwartet in Münster der Prozess: Sie hat einen Polizisten darauf hingewiesen, dass er sie in Lebensgefahr bringt.

Ihre Kletteraktionen stören: Anti-Atom-Aktivistin Cécile Lecomte. Bild: dpa

BOCHUM taz | Anti-Atom-Aktivistin Cécile Lecomte - wegen ihrer spektakulären Kletteraktionen auch "Eichhörnchen" genannt - bleibt im Visier der Staatsanwaltschaft. Die Französin musste sich am Montag vor dem Amtsgericht Münster verantworten. Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Lecomte habe einem Polizisten zugerufen, dass er sie mit seinen Versuchen, eine ihrer Aktionen zu beenden, in Lebensgefahr bringe. Sie habe den Beamten so "verbal genötigt".

Lecomte hatte sich im April 2009 von einer Autobahnbrücke der A 1 über die Bahnstrecke Gronau-Münster abgeseilt und so einen mit radioaktivem und hochgiftigem Uranhexafluorid beladenen Atommülltransport aus der Urananreicherungsanlage Gronau nach Südfrankreich für mehr als 90 Minuten blockiert.

Um den Atomzug möglichst schnell freizubekommen, wollte die lokale Einsatzleitung offenbar nicht auf das Eintreffen speziell ausgebildeter Höhenretter warten. Stattdessen begann ein Polizist, Lecomte an ihrem Seil wieder auf die Autobahnbrücke zu ziehen. Doch das Seil drohte zu reißen. Die Atomkraftgegnerin hätte ungesichert auf die Bahnlinie stürzen können. Lecomte steht seit Jahren unter besonderer Beobachtung der Strafverfolgungsbehörden und war bei Protesten gegen Castor-Transporte nach Gorleben im November 2008 sogar für vier Tage in Vorbeugehaft. Im vergangenen Juni urteilte das Amtsgericht Steinfurt allerdings, ihre Blockadeaktionen in luftiger Höhe seien nicht illegal. "In fünf Meter Höhe bremst mich kein Gesetz", freute sich die Atomkraftgegnerin damals.

Die Staatsanwaltschaft Münster aber setze weiter auf eine Strategie der "Kriminalisierung", so Lecomte zur taz: "Die haben sich den Vorwurf der ,verbalen Nötigung' ausgedacht, weil meine Aktionsform massiv stört." Am Montag stellte die Aktivistin außerdem einen Befangenheitsantrag gegen die Amtsrichterin Sabine Terhechte. Die Juristin habe ihren Pflichtverteidiger abgelehnt und ihr unter einer fehlerhaften Begründung zunächst Akteneinsicht verweigert, klagt die Französin.

Selbst für die Formulierung des Befangenheitsantrags wollte Terhechte der Atomkraftgegnerin zunächst nur zwei Minuten Zeit einräumen. Sie gab erst nach lautstarken Protesten der im Gerichtsaal anwesenden knapp 30 Unterstützer Lecomtes nach: Die Befangenheit der Richterin werde überprüft, so Gerichtssprecher Jochen Dyhr zur taz. Der Prozess sei auf unbestimmte Zeit vertagt.

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