Videoüberwachung in der U-Bahn: Kameras liefern unscharfes Bild

Seit zwei Jahren darf die Polizei auf BVG-Videos zugreifen. Der Sinn lässt sich nicht belegen, weil aussagekräftige Daten fehlen. Aber die Technik wird ausgebaut.

Wer kennt dieses Reh? Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen Bild: AP

Die Videoüberwachung in Bussen und Bahnen bringt wenig. Die Kameras sind technisch veraltet. Und Auswirkungen auf die Kriminalitätsrate sind nicht zu erkennen. Das geht aus der Antwort von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) auf eine kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Benedikt Lux hervor.

Seit November 2007 darf die Polizei Videos von Überwachungskameras der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) anfordern, um damit Straftäter zu identifizieren. Mit der zugrunde liegenden Reform des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Asog) wurde zeitgleich eine Evaluierung der Maßnahmen bis zum 31. Januar 2010 beschlossen.

Den Termin will Körting einhalten. Das Ergebnis aber wird alles andere als erhellend sein. Denn die Rolle der Videoüberwachung bei Veränderungen in der Kriminalitätsbelastung "ist bisher polizeilich nicht einzuschätzen", schreibt der Senator in der Antwort auf die kleine Anfrage. "Vorher-nachher-Untersuchungen konnten bisher nicht durchgeführt werden."

Zahlen liegen nur für die Zeit mit Videoauswertung vor. Im Jahr 2008 wurden 1.383 BVG-Videos an die Polizei übermittelt, 2009 waren es bis Ende November 1.823. Eine vermehrte Identifizierung von Verdächtigen ist im gleichen Zeitraum nicht zu erkennen. Die meisten Videoauswertungen blieben komplett erfolglos. So wurde 2008 nur in 141 Fällen die Ermittlung oder Identifizierung von Tatverdächtigen unterstützt. Ob dank Videoüberwachung aber überhaupt Täter beweissicher überführt wurden, bleibt offen. Die Datensammlung endet, wenn der Staatsanwalt übernimmt.

"Ob die Videoüberwachung tatsächlich etwas bringt, ist nicht zu ermitteln", kritisiert Lux. Dabei sei gerade bei einem persönlichkeitsrechtlich so relevanten Eingriff eine wissenschaftliche Analyse extrem wichtig. Der Eingriff sei fragwürdig. Fahrgäste würden unter Generalverdacht gestellt, tatsächliche Straftäter nur verdrängt. "Ob mir mein Portemonnaie im oder vor dem U-Bahnhof geklaut wird, ist mir doch egal", sagt Lux. Es gehe darum, tatsächliche Sicherheit zu schaffen und nicht gefühlte. "Deshalb sollte mehr Personal eingestellt werden, denn das kann, anders als eine Kamera, im Zweifelsfall auch eingreifen", so der Innenpolitiker.

BVG und Polizei haben jedoch andere Pläne. Bereits im Herbst 2008 hatten sie angekündigt, den U-Bahnhof Kottbusser Tor zum Modellbahnhof für Videoüberwachung aufzurüsten. Sie reagieren damit auf das einzige konkrete Ergebnis der Probephase. "Der derzeitige Nutzen der Videoüberwachung wird dadurch eingeschränkt, dass die eingesetzte Technik zum Teil veraltet und ursprünglich zur Betriebssicherheit installiert" wurde, erklärt Körting. Deshalb unterstütze die Polizei die BVG dabei, die Videoüberwachung am Kottbusser Tor zu modernisieren. "Wie und wann das passiert, muss noch mit der Polizei abgestimmt werden", sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Körting hofft, dass zumindest hier der Sinn von Videoüberwachung bewiesen werden kann. "Sobald die Installation erfolgt ist, wird die weitere Entwicklung an diesem Bahnhof evaluiert", schreibt der Senator.

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