Argentinische Staatsfinanzen: Präsidentin entlässt Zentralbankchef

Zentralbankchef Martín Redrado wurde des Amtes enthoben, nachdem er sich geweigert hatte, Reserven für die Schuldentilgung der Regierung bereit zu stellen.

Am Donnerstag erfolgte per Dekret der Präsidentin (rechts) der Rauswurf von Zentralbankchef Martín Redrado (links). Bild: reuters

BUENOS AIRES taz | Wegen "schlechter Führung und Versäumnissen in seiner Amtspflicht" hat Präsidentin Cristina Kirchner den Chef der argentinischen Zentralbank vor die Tür gesetzt. Anlass ist ein Streit zwischen Regierung und Geldpolitikern über die Verwendung der Währungsreserven.

Der nun ehemalige Zentralbankchef Martín Redrado hatte sich geweigert, einer Anweisung der Präsidentin zu folgen und rund 6,6 Milliarden Dollar aus den Reserven in einen Fonds der Regierung zu überweisen. Aus dem Fonds will die Regierung Kirchner Teile der 2010 fällig werdenden Auslandsschulden von 11,6 Milliarden Dollar begleichen, davon sind allein 3,7 Milliarden nur Zinsen.

Redrado hatte jedoch eine rechtliche Prüfung angeordnet, da umstritten ist, ob mit den Reserven der Zentralbank Auslandsschulden beglichen werden dürfen. Ende 2009 verfügte die Bank über 47 Milliarden Dollar an Devisenreserven. Redrado war der Auffassung der Mehrheit im Kongress gefolgt, die sich gegen die Verwendung der Devisenreserven für den Schuldendienst ausgesprochen hatte.

Seit Dezember hat die Regierung von Präsidentin Cristina Kirchner in beiden Kammern des Kongresses keine Mehrheit mehr. Am Mittwoch hatte die Präsidentin den ZB-Chef zum Rücktritt aufgefordert. Redrado lehnte jedoch ab und bekräftigte seinen Verbleib im Amt. Am Donnerstag erfolgte per Dekret der Rauswurf.

Die Anordnung ist jedoch höchst umstritten, da die Zentralbank eine unabhängige Institution ist und keine Anweisung der Exekutive befolgen muss. Die Opposition hat die Entscheidung deshalb auch vehement kritisiert. Um der Anweisung jedoch zusätzlich Gewicht zu verleihen, trägt das Dekret die Unterschrift der Präsidentin sowie aller Minister, von denen sogar einige extra aus dem Sommerurlaub eingeflogen worden waren. Redrado hat angekündigt, der Entlassung der Präsidentin nachzukommen, aber Rechtsmittel gegen seinen Rauswurf einzulegen. Das Amt übernimmt vorläufig der bisherige Vizechef Miguel Pesce.

Hintergrund des politischen Hickhacks sind denn auch die Staatsfinanzen. Dass die fällig werdenden Auslandskredite und Zinsen getilgt werden sollen, ist weder innerhalb der Regierung noch bei der konservativen Opposition umstritten. Der Streit geht um die Frage, wovon.

Erstmals seit dem Jahr 2002 wies der Staatshaushalt im vergangenen Jahr ein Defizit auf. Die staatlichen Ausgaben stiegen knapp dreimal so schnell wie die Einnahmen. Der Vorwurf der Opposition: Die Regierung habe im Wahljahr 2009 kräftig in die Staatskasse gelangt, um mit Sozial- und Arbeitsbeschaffungsprogrammen auf Stimmenfang zu gehen.

Die Haushaltslücken wurden zuletzt vor allem mit teuren Krediten aus Venezuela oder über Anleihen aus der im Jahr 2008 verstaatlichten Rentenversicherung beglichen. Aus diesen Quellen sprudelt jedoch immer weniger.

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