Gehackte E-Mails von Klimaforschern: "Die Dokumente ändern nichts"

Klima-Skeptiker frohlocken, gehackte Dokumente von Wissenschaftlern würden eine weltweite Verschwörung beweisen. Für die Beschuldigten verbirgt sich dahinter nur heiße Luft.

Lässt den Hack-Skandal kalt: Eisblock im Süden Argentiniens. Bild: dpa

BERLIN taz | Zwei Wochen vor dem Beginn der Weltklimakonferenz in Kopenhagen sind 1100 Emails und rund 3400 interne Dokumente von britischen Klimaforschern illegal über das Internet verbreitet worden. Ein Sprecher der University von East Anglia (UEA) bestätigte der taz, umfangreiches Material sei von einem Server der ‚Climate Research Unit‘ gestohlen wurden. „Da es sich um eine Straftat handelt, haben wir polizeiliche Ermittlungen eingeleitet“, erklärte eine Sprecherin der UEA.

Die Korrespondenzen und Berichte waren anonym auf der klimaskeptischen Website www.noconsensus.wordpress.com aufgetaucht. Mit dem ausgewählten Material solle ein Licht auf die „Wissenschaft und Menschen geworfen werden, die sie betreiben“, heißt es in dem Begleittext.

Klimaskeptiker sehen in der insgesamt 168 Megabyte umfassende Datensammlung, die der taz vorliegt, den „schlagenden Beweis“ für eine umfassende Verschwörung von Wissenschaftlern, die vor den Folgen der Erderwärmung warnen.

„Diese Dokumente belegen, dass eine kleine Gruppe von Klimaforschern die Forschung massiv manipuliert und verfälscht hat“, sagte der emeritierte US-Klimatologe Tim Ball, der einen menschengemachten Klimawandel verneint. „Der Fund bestätigt meinen seit 30 Jahren gehegten Verdacht, dass Klima-Daten einseitig für politische Zwecke eingesetzt wurden", sagte Ball in einem Interview auf www.corbettreport.com.

Als ‚Beweis‘ wird etwa eine E-Mail vom November 1999 angeführt, in der ein Klimaforscher der UEA schreibt, er habe für eine Grafik den „Trick“ eines Kollegen verwendet, um den Rückgang der Temperaturen zu verschleiern. Die UEA bestätigt die Echtheit der E-Mail, betont jedoch, dass darin keinesfalls ein manipulativer Vorgang beschrieben werde. Das lasse sich bei der Prüfung der erwähnten Grafik nachweisen. „Trick wird hier umgangssprachlich für eine unkomplizierte und schlaue Art gemeint, ein Problem zu lösen“, erklärte die UEA auf taz Nachfrage.

Auch ein weiterer, von Klimaskeptikern präsentierter „Beweis“ zeigt sich nach erster Durchsicht als substanzlos. So befinde sich unter den Dokumenten angeblich eine fünfseitige Anleitung, die Methoden aufzeige, um die öffentliche Meinung gezielt zu manipulieren. Tatsächlich handelt es sich bei dem Dokument um eine PR-Broschüre der britischen Klima-Werbeagentur Futerra. Die Datei mit dem Titel „The Rules of the Game“ ist keineswegs geheim, sondern als Werbematerial unter www.futerra.co.uk herunterzuladen.

In den mehr als 1000 gehackten Emails geht es überwiegend um die Rekonstruktion historischer Klimadaten auf Grundlage von Eisbohrungen und Baumringen. Solche so genannten paläoklimatischen Daten sind allerdings nur eines von zahlreichen Indizien für die fortschreitende Erderwärmung.

Klimaforscher, deren Emails gehackt wurden, lehnten es ab, die Vorwürfe inhaltlich zu kommentieren. Michael Mann, von der Pensylvania State University erklärte jedoch dem britischen Guardian: „Der Diebstahl dieser Daten stellt ein schwerwiegendes Verbrechen dar. Ich hoffe, dass die Strafverfolgungsbehörden gegen die Täter mit der vollen Härte des Gesetzes vorgehen“.

„Die Klimaskeptiker laufen jetzt zur Hochform auf und versuchen ein Klima-Abkommen in Kopenhagen mit allen Mitteln zu verhindern“, sagte Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) der taz. „Dabei schrecken sie offenbar auch vor kriminellen Methoden und haarsträubenden Vorwürfen nicht zurück“, sagte Rahmstorf, der als einer der führenden Klimaforscher zu den Leitautoren des Klimaberichtes des UN-Weltklimarates IPCC gehört.

„In dem illegal verbreiteten Material findet sich nichts, was die Vorwürfe der Manipulation erhärten würde“, sagte Rahmstorf. Die Anwürfe entsprächen dem „üblichen Hype“, den Klimaskeptiker seit Jahren verbreiten würden. Ähnlich und schon fast ironisch kommentierten Klimaforscher am Montag in einer Erklärung auf www.realclimate.org den Vorgang: „Das Material enthält keinerlei Belege für eine weltweite Verschwörung…, keine Hinweise darauf, dass die Theorie der Erderwärmung ein Betrug sei und keinen Beleg dafür, dass Klimadaten gefälscht oder ‚Marschbefehle‘ von unseren sozialistischen/kommunistischen/vegetarischen Anführern erteilt wurden“.

„Die gehackten Dokumente ändern nichts an der erdrückenden wissenschaftlichen Belegen, die aus unterschiedlichsten Quellen stammen und nachweisen, dass die gegenwärtige Erderwärmung zum allergrößten Teil durch menschliche Aktivitäten versursacht wird“, sagte Stefan Rahmstorf der taz.

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