Aus Mitleid mit armen Kunden: Bankerin spielte Robin Hood

Eine Filialleiterin hat insgesamt 7,6 Millionen Euro von den Konten reicher Kunden auf die armer Kunden umgebucht, damit diese ohne Probleme überziehen konnten. Jetzt drohen ihr vier Jahre Haft.

Für kurze Zeit war die Bonner Umgebung zum Sherwood Forest geworden. Bild: ap

BONN ap | Weil eine Bankfilialleiterin aus Mitleid über mehr als ein Jahr hinweg Geld von den Konten reicher Kunden auf die armer Kunden umgebucht haben soll, muss sich die 62-jährige nun vor dem Bonner Amtsgericht verantworten. Insgesamt zweigte sie laut Anklage rund 7,6 Millionen Euro ab, damit Bankkunden in Geldschwierigkeiten ihr Konto problemlos überziehen konnten. Die Betroffenen selbst ahnten davon nichts.

Wegen Untreue in 117 Fällen droht der Frau in dem am Montag beginnenden Prozess laut Gerichtssprecher im Höchstfall eine Gefängnisstrafe von vier Jahren. Aufgrund der besonderen Umstände des Falles könnte jedoch auch eine Bewährungsstrafe verhängt werden. Mit einem Urteil wurde noch für Montag nachmittag gerechnet.

Von 2003 bis 2005 soll die Filialleiterin einer Bank im ländlichen Raum um Bonn ihr Umbuchungssystem betrieben haben, ohne dabei auch nur einen Cent in die eigene Tasche zu stecken. Ihr Ziel sei es gewesen, sich das Geld reicherer Kunden für den Zeitraum zu leihen, in dem die Überziehungslisten der Bank geprüft wurden. Damit Kunden, die stets in den Miesen waren, nicht auffielen, buchte sie laut Anklage in den Prüfungszeiträumen das Geld reicherer Kunden auf die überzogenen Konten um. Da sie laut WDR.de viele ihrer Kunden gut kannte, wusste sie, wer selten nach dem Sparbuch schaut und wer es nötig hatte. Nachdem die Prüfung vorbei war, überwies sie das Geld wieder zurück.

Allerdings klappte das nicht immer problemlos: Weil einige der Kunden so stark im Minus waren, war eine Rückbuchung teilweise nicht mehr möglich. Insgesamt konnte sie den Ermittlungen zufolge nur 6,5 Millionen von den insgesamt 7,6 Millionen Euro wieder zurückbuchen.

Die 62-Jährige, die offenbar wie ein moderner Robin Hood handelte, hat sich laut Gerichtssprecher bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. "Das war letztendlich das pure Mitleid mit Menschen, die wirtschaftlich Not leidend wurden", so ihr Anwalt Thomas Ohm gegenüber WDR.de über das Motiv seiner Mandantin.

Weil sie die Bank für den Schaden von 1,1 Millionen Euro in Haftung nahm, lebt sie Berichten zufolge nun selbst in Armut. Derzeit erhalte seine Mandantin nur eine kleine Frührente, die bis auf das Existenzminimum gepfändet werde, sagte ihr Anwalt Thomas Ohm. Um den Schaden auszugleichen, verwertete die Bank bereits das Einfamilienhaus ein vermietetes Mehrfamilienhaus sowie das gesamte Vermögen der 62-Jährigen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.