Klimapolitik der USA: China soll Regeln festklopfen

Die US-amerikanische Klimapolitik orientiert sich an Chinas Verhalten in der Umweltfrage. Dabei wird die Volksrepublik vorrangig als wirtschaftlicher Konkurrent gesehen.

Rot in Grau: Shanghai. Bild: Jakob Montrasio - Lizenz: CC-BY

WASHINGTON taz | "50 Prozent der US-amerikanischen Klimaschutzpolitik hängen von China ab." Mit dieser Einschätzung erklärt Alexander Ochs, Klimaexperte des Washingtoner Worldwatch Institute, die Bedeutung von Barack Obamas derzeitiger Asienreise für den Kampf gegen die Erderwärmung. Der US-Präsident wird am Sonntag in China erwartet, letzte Chance einer Annäherung zwischen den Kohlendioxid-Weltmächten vor dem Gipfel in Kopenhagen.

Europa sei für die USA in der Klimapolitik nicht so wichtig, meint auch Joel Bluestein, Präsident des einflussreichen Thinktanks Energy and Environmental Analysis. Wichtig für die Amerikaner sei nur, dass sich China und Indien an neue Klimaschutzregeln halten. Schließlich betrachten die USA vor allem China als Konkurrenten ihrer Wirtschaft.

China sei auch ein Grund dafür, dass die USA partout nicht über finanzielle Hilfen für Anpassungsmaßnahmen sprechen wollen. "Das Argument ist einfach: Wir schmeißen den Chinesen doch keine Milliarden in den Rachen, wenn diese ohnehin US-Dollar horten", so Bluestein. Ohne finanzielle Zusagen für Maßnahmen der Anpassung an die Erderwärmung werden die Schwellen- und Entwicklungsländer allerdings kaum einem neuen Abkommen zustimmen.

Während viele Senatoren die Tragweite des Problems noch nicht erkannt haben, hat das Militär den Klimawandel längst als "nationales Sicherheitsproblem" deklariert. Das an die US-Marine angedockte Center for Naval Analyses untersucht vor allem Klimafolgen in Entwicklungsländern und deren Auswirkungen auf lokale Konflikte. Man müsse beispielsweise "fragen, was die Wasserknappheit in Kolumbien für Folgen hinsichtlich des Kampfs gegen die Farc-Rebellen hat", so Mitarbeiter David Catarious. Hinsichtlich der Sicherheit im eigenen Land sei es etwa beunruhigend, so der Militärberater, wenn die USA weiterhin von Ölimporten aus instabilen Ländern wie Nigeria abhängig sind. Teile des Militärs machten deshalb Druck auf US-Politiker, sich für eine grüne Energiewende einzusetzen.

Trotzdem spielt Klimaschutz in der US-Öffentlichkeit kaum eine Rolle. Kopenhagen sei ein Elitenthema und weder der Durchschnittsamerikaner noch viele Entscheidungsträger wollten irgendetwas über die Erderwärmung wissen, urteilt Experte Bluestein. Und deswegen fehle ebenjener Druck auf die Politik, der in anderen Ländern zu beobachten sei.

Dennoch erhoffen sich US-Diplomaten von Obamas Gesprächen in Asien neue Impulse für die festgefahrenen Verhandlungen. Vor Kurzem hatten die USA von China verlangt, es solle seine Emissionsmenge bis 2050 halbieren. Was für kräftige Verstimmung gesorgt hatte: Denn zwischen 1903 und dem Jahr 2000 produzierten die USA mit 258,52 Milliarden Tonnen 3,6-mal so viel Kohlendioxid wie China, das im gleichen Zeitraum nur etwa so viel Treibhausgas ausgestoßen wie Deutschland seit 1903: 71,46 Milliarden Tonnen. Entsprechend brüsk wiesen die Chinesen die Forderung zurück; die USA sollten erst mal ihre Schulden aufarbeiten.

Mittlerweile scheint klar, dass das US-Klimagesetz vor Kopenhagen nicht mehr verabschiedet werden wird. Alles, was die Amerikaner auf dem Gipfel zusagen, steht deshalb unter Vorbehalt. "Es gibt in Sachen Klimaschutz schlicht verschiedene Geschwindigkeiten", so Worldwatch-Vertreter Ochs. In den USA könne Obama nicht in einem Jahr nachholen, was jahrzehntelang versäumt worden sei. Um Kopenhagen zu einem Erfolg zu machen, müsse der Wettlauf "Wer kann weniger tun?" zwischen China und den USA in einen Wettbewerb des "Wer tut am meisten?" umgemünzt werden.

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