Mafia als Müllwerker: Gift per Schiffe versenken entsorgt

Die Mafia entsorgte jahrelang Gift, indem sie beladene Schiffe versenkte. Weil die Regierung kaum was tut, den Skandal aufzuklären, gingen nun 20.000 Kalabrier auf die Straße.

Entsorgung á la Mafia: Unterwasseraufnahme eines der Wracks. Bild: dpa

ROM taz | "Vergiftet von der Ndrangheta - vergiftet vom Staat": Griffig formulierte ein Transparent, warum am Samstag mehr als 20.000 Menschen in der kalabresischen Kleinstadt Amantea demonstrierten. Menschen, die Opfer eines gigantischen Umweltskandals sind, der von der Regierung kleingeredet wird.

Anfang September fand ein Tauchroboter nur wenige Kilometer vor der kalabresischen Küste das Wrack der "Cunsky", eines nach den Aussagen des Ndrangheta-Kronzeugen Francesco Forti erst mit Giftmüll beladenen und dann versenkten Schiffs. Die jahrelang von den Umweltverbänden Greenpeace und Legambiente geäußerte Vermutung, die kalabresische Mafia habe systematisch per Schiffeversenken vor Italiens Küsten das Meer in eine Sondermülldeponie verwandelt, wurde so bestätigt.

Von 30 bis 50 nicht bloß mit Schwermetallen, sondern auch mit radioaktiven Abfällen beladenen und dann zwischen 1987 und 1995 versenkten Wracks auf dem Meeresgrund gehen die Ermittler heute aus. Zugleich wurden sie in der Nähe Aiellos auch auf dem Festland fündig. Unweit des kalabresischen Dorfes war im Jahr 1990 die "Jolly Rosso" auf Grund gelaufen. Heimlich wurde, unter Schutz der Behörden, die Ladung ausgeräumt und bei Nacht verbuddelt. Heute strahlt ein Hügel bei Aiello radioaktiv, während die Tumorzahlen in der Gegend wuchsen.

Doch die Regierung Berlusconi tut so, als habe sie es mit einer Bagatelle zu tun. Erst in diesen Tagen, mehr als sechs Wochen nach Auffinden der "Cunsky", schickte das Umweltministerium ein Spezialschiff, das weitere Untersuchungen vornehmen soll. Doch die Öffentlichkeit wird über die Pläne das Ministeriums nicht informiert. Auch gibt es keine Anzeichen, dass auch die Suche nach den anderen Wracks aufgenommen werden soll.

Dagegen protestierten jetzt Tausende Bürger, an ihrer Seite Gewerkschaften, Umweltverbände und die Oppositionsparteien. Umweltministerin Stefania Prestigiacomo warf ihnen vor, ihr Protest sei ein Akt "unverantwortlicher Spekulation". Einkommenseinbußen zum Beispiel in Fischerei und Tourismus verantworten nach Logik der Ministerin nicht etwa die Verursacher der Umweltkatastrophe - sondern die Protestierer, die von ihr reden, statt wie die Regierung einfach gnädig über sie zu schweigen.

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