Schwarz-Gelbe Energiepolitik: Schattige Zeiten für Solarenergie

Schwarz-Gelb will "ökologische Fehlanreize" mit einem neuen "Energiekonzept" korrigieren. Die Vergütung beim Solarstrom soll gesenkt werden.

Es könnte so schön sein - aber Schwarz-Gelb will wohl nicht. Bild: Alex Lang - Lizenz: CC-BY-SA

Ob erneuerbare Energie oder Atomkraft - viele energiepolitische Entscheidungen will die schwarz-gelbe Koalition mit Verweis auf ein noch zu erstellendes "Energiekonzept" in die Zukunft verschieben. Nur bei einem Thema soll es schneller gehen: Bei der Förderung von Solarstrom, die Union und FDP schon im Wahlkampf als überhöht kritisiert hatten.

Im Entwurf des Koalitionsvertrags findet sich nun die Formulierung, man werde mit der Solarbranche darüber sprechen, "mit welchen Anpassungen kurzfristig Überförderungen bei der Fotovoltaik vermieden werden können". Das klingt zwar weniger scharf als frühere Entwürfe, die bereits konkrete Daten für geringere Fördersätze genannt hatten. Dennoch ist nun klar, dass der Solarbranche deutliche Einschnitte drohen.

Der Streit um die Vergütungssätze schwelt schon seit Monaten. Angeheizt wurde er durch eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI). Demnach müssten die deutschen Stromkunden allein für die in den Jahren 2000 bis 2008 installierten Fotovoltaik-Anlagen insgesamt 35 Milliarden Euro zusätzlich bezahlen, verteilt über einen Zeitraum von 20 Jahren. So lange gilt die gesetzlich vorgeschriebene Vergütung für den Solarstom.

Etwa 15 Prozent des deutschen Stroms stammen aus erneuerbaren Quellen. Weil die Stromerzeugung aus Wind, Wasser, Biomasse und Sonne derzeit noch teurer ist als aus konventionellen Kraftwerken, wird sie über das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert.

Die Erzeuger: Die Produzenten alternativer Energien erhalten für den Zeitraum von 20 Jahren garantierte Preise für ihren produzierten Strom. Die Mehrkosten werden auf alle Stromkunden umgelegt. Vom durchschnittlichen Haushaltsstrompreis von 23 Cent pro Kilowattstunde macht dieser Mehrpreis etwa 2 Cent aus.

Die Vergütung: Beträgt derzeit pro Kilowattstunde je nach Größe und Standort der Anlage bei Windkraft 5 bis 15 Cent, bei Wasserkraft 3,5 bis 13 Cent, bei Biomasse 8 bis 18 Cent und bei Solarstrom 32 bis 43 Cent.

Während der Koalitionsverhandlungen hatte das RWI mit einem neuen Papier nachgelegt. Die Stromproduktion auf Basis von erneuerbaren Energietechnologien sei "mit enormen Kosten verbunden. Infolgedessen zählen diese Technologien zu den am wenigsten effizienten Klimaschutzmaßnahmen", heißt es darin. Die deutsche Art der Förderung der erneuerbaren Energien, die ansonsten international oft als vorbildlich bezeichnet wird, dient dem RWI zufolge als "Paradebeispiel für eine extrem verschwenderische Umwelt- und Energiepolitik".

Derzeit liegt die Höhe der Einspeisevergütungen für Solarstrom je nach Anlagengröße zwischen 32 und 43 Cent pro Kilowattstunde. Die Mehrkosten, die gegenüber dem konventionellem Strom entstehen, werden auf die Stromkunden umgelegt. Das EEG sieht jedoch auch vor, dass aufgrund wachsender Effizienz der garantierte Strompreis für neue Anlagen jährlich um 9 Prozent sinkt. Diese Degression wird zum einen regelmäßig überprüft und gegebenenfalls weiter verstärkt, zum anderen ist sie dynamisch angelegt: Wächst die Branche stärker als erwartet, beträgt die Degression automatisch 10 statt 9 Prozent, fällt das Wachstum geringer aus, sinkt sie auf 8 Prozent.

Die Solarindustrie lehnt die Forderung nach niedrigeren Sätzen ab - und schießt mit ihren Zahlen zurück. Vom Wachstum der Solarbranche profitiere nicht nur das Klima, sondern auch der Staat, argumentiert der Bundesverband Solarwirtschaft und verweist darauf, dass sich allein 2008 Steuereinnahmen in Höhe von knapp 3 Milliarden Euro aus der direkten und indirekten Besteuerung deutscher Solarstromunternehmen ergeben hätten. Die im selben Jahr über das EEG gewährten Zahlungen hätten hingegen rund 2 Milliarden Euro betragen.

Der Geschäftsführer des Solarverbandes, Carsten König, erklärt zudem, dass zwar die Produktionskosten gesunken seien, jedoch nicht so stark wie die Preise. Vor allem ein Einbruch des spanischen Marktes habe zu einem großen Überangebot geführt, da der europäische Südstaat kaum noch Anlagen abgekauft hat. "Wegen des Wettbewerbsdrucks waren die Unternehmen gezwungen, unter ihren Kosten zu verkaufen", sagte König. Aufgrund dieses Preiswettbewerbs gebe es keinen Anlass, die Förderungsregelung aufzubrechen. Die Unternehmen und die Forschung bräuchten verlässliche Rahmenbedingungen.

Andreas Bett vom Fraunhofer-Institut für Solar Energiesysteme unterstützt die Argumente des Verbandes. "Man hat die Entwicklung der Solarbranche vorhergesehen. Dass die Preise so schnell runtergehen, hat man sicherlich nicht vorgesehen." Deshalb sehe das EEG genau die richtige Maßnahme vor, da die Vergütungen sowieso automatisch jährlich zurückgefahren würden. "Das war sehr schlau gemacht von den Politikern", sagt Bett. Ob diese Kürzungen insgesamt ausreichend seien, dafür wiederum, so findet Bett, sei es jetzt noch zu früh.

Durch die derzeitig niedrigen Modulpreise habe sich lediglich eine Verschiebung ergeben. Die Gewinnmarge für die Industrie sei geschrumpft, so Bett; dafür erhielten die privaten Haushalte mehr Rendite. "Die Modulhersteller haben geringere Renditen; das Wachstum hat sich verlangsamt; Q-Cells entlässt Mitarbeiter - das ist ein normales Marktgeschehen", sagt Bett. "Man sollte abwarten und gucken, wie sich das weiter entwickelt."

Das sieht auch der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) so. "Es gäbe sonst eine ständige Unsicherheit für Investoren", sagt Verbandssprecher Daniel Kluge. Das Bundesumweltministerium erstelle ohnehin alle vier Jahre einen Erfahrungsbericht, um eine eventuelle Über- oder Unterförderung zu vermeiden. Diese Überprüfung soll nun allerdings nach Plänen der schwarz-gelben Koalition häufiger durchgeführt werden: Alle zwei Jahre statt wie bisher alle vier Jahre.

Viel entscheidender wird aber vermutlich sein, welches Ministerium dafür zuständig ist. Die Wirtschaftspolitiker würden die erneuerbaren Energien gern vom Umwelt- ins Wirtschaftsministerium verlagern, doch dieser Machtkampf ist noch offen.

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