US-Banker kassieren Milliarden: Finanzkrise? Welche Finanzkrise?

Die amerikanische Großbank JP Morgan Chase meldet 3,9 Milliarden Dollar Gewinn. Die guten Zahlen lohnen sich für die Bankmanager, die so viel verdienen sollen wie nie zuvor.

Bei JP Morgan Chase geht es aufwärts - ein erster Hinweis, dass sich die Finanzwelt erholt haben könnte. Bild: dpa

Die Berichtsaison der US-amerikanischen Großbanken hat am Mittwoch mit einem doppelten Paukenschlag begonnen: JP Morgan Chase verkündete einen Nettogewinn von 3,6 Milliarden US-Dollar für das dritte Quartal bei einem Umsatz von 28,8 Milliarden Dollar. Zudem meldete das Wall Street Journal, dass die Manager und Angestellten der 23 größten US-Finanzinstitute in diesem Jahr 140 Milliarden Dollar kassieren sollen - so viel wie nie zuvor.

JP Morgan Chase ist das erste der großen Institute, das Ergebnisse für die Monate Juli bis September vorgelegt hat. Heute werden Goldman Sachs und die Citigroup folgen, am Freitag die Bank of America. Analysten erhoffen sich Erkenntnisse darüber, ob sich die Branche nach den teils guten Ergebnissen des zweiten Quartals und den beinahe 100 Zwangsschließungen von Banken erholt hat.

Zumindest bei JP Morgan Chase deutet nun alles in diese Richtung. Dabei trug vor allem das Investmentgeschäft mit einem Gewinn von 1,9 Milliarden US-Dollar zu dem Ergebnis bei, das nicht nur fast sechsmal so hoch war wie im dritten Quartal 2008, als die Finanzkrise ihrem Höhepunkt entgegenstrebte. Hier macht sich die 2008 im Eilverfahren durchgezogene Übernahme der Investmentbank Bear Stearns bereits bezahlt, ebenso wie die Tatsache, dass viele Wettbewerber inzwischen vom Markt verschwunden sind.

Der Gesamtgewinn lag sogar noch 900 Millionen US-Dollar über dem starken zweiten Quartal dieses Jahres. Die Bank gehört ohnehin zu den großen Gewinnern der Krise und hat bislang in keinem einzigen Quartal rote Zahlen geschrieben. Neben Bear Stearns hat sie auch die US-Sparkasse Washington Mutual für nur 1,9 Milliarden Dollar übernommen und damit ihr Privatkundengeschäft deutlich ausgeweitet. Eine kurzzeitige staatliche Finanzspritze zahlte die Bank umgehend zurück.

Zwei Schwachstellen teilt JP Morgan dennoch mit den anderen US-Banken: In den Bilanzen schlummern noch etliche Gewerbeimmobilienkredite, deren Wert derzeit im Keller ist. Noch mehr sorgt sich Vorstandschef James Dimon über das Geschäft mit Konsumentenkrediten und insbesondere Kreditkarten. Hier musste JP Morgan Chase Verluste von 1 Milliarde US-Dollar hinnehmen.

Weitere Rückstellungen sind nötig. Denn wegen der steigenden Arbeitslosigkeit in den USA haben die Kreditkartenausfälle ein Rekordhoch erreicht. Laut der US-Ratingagentur Moodys gehen die Banken davon aus, dass 11,5 Prozent der Kreditkartenschulden nicht zurückgezahlt werden. Bis Mitte 2010 könnten es 13 Prozent werden. Davon besonders betroffen sind die Bank of America und die Citigroup.

Während noch unklar ist, wie es im Bankensektor weitergeht, belohnen die Finanzhäuser wieder ihre Mitarbeiter. Die 23 größten US-Banken wollen 140 Milliarden Dollar an Vergütungen, Boni und Optionen zahlen. 23 Milliarden mehr als 2008, aber auch 10 Milliarden mehr als 2007 vor der Krise. Im Schnitt wären das 143.400 Dollar.

Diese Zahl ist aber wenig aussagekräftig: Allein der absolute Topverdiener der Branche, der soeben samt seinem kompletten Geschäftsbereich von der Citigroup abgesplittete Rohstoffhändler Andrew Hall, verhandelt noch über 100 Millionen US-Dollar. Banker bei der nun wirklich gut dastehenden JP Morgan Chase sollen im Schnitt auf 133.971 US-Dollar kommen. Sogar 743.112 US-Dollar pro Mitarbeiter will Konkurrent Goldman Sachs ausgeben.

Pikant ist, dass auch die Citigroup und die Bank of America mitmachen, die immer noch mit je 45 Milliarden Dollar vom Staat gestützt werden müssen. Sie wollen ihren Mitarbeitern insgesamt 52 Milliarden Dollar geben - womöglich sind darin aber auch dicke Abfindungen enthalten. Allein die Citigroup will noch 50.000 Stellen abbauen.

Allerdings könnte ein Mann den beiden Banken noch einen Strich durch die Rechnung machen. Kenneth Feinberg ist von US-Präsident Barack Obama damit beauftragt, zu entscheiden, wie viel die staatlich unterstützten Unternehmen ihren Beschäftigten zahlen dürfen. Er hat bereits deutlich gemacht, dass er nichts von Boni für schlechtes Wirtschaften hält. An den Zahlungen der anderen Banken dürfte das wenig ändern, nachdem die USA beim G-20-Gipfel in Pittsburgh eine schnellen Bonus-Deckelung verhinderten.

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