Stimme aus dem Exil: Harry Wu will nicht zurück

Harry Wu glaubt nicht, dass die Kommunistische Partei Chinas zu Wandel fähig ist. Der Großteil der auf der Messe repräsentierten Verlage sei von der Regierung kontrolliert.

Harry Wu zeigt 1995 in Bonn Kinderspielzeug aus China, das in Arbeitslagern von Gefangenen produziert wird. Bild: dpa

Der Auftritt des radikalen chinesischen Regimekritikers Harry Wu auf der Frankfurter Buchmesse verdeutlicht die große politische Kontroverse dieses Literatur-Events: Ist die chinesische KP gut oder böse? Auf einer Pressekonferenz der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte hatte Wu seine Antwort parat: Er kritisierte aufs Schärfste die chinesische Menschenrechtspolitik. Wu rechnet der Kommunistischen Partei kaum Fähigkeit zu politischem Wandel zu.

Als junger Student wurde Wu in den späten fünfziger Jahren als „Konter-Revolutionär“ inhaftiert, nachdem er offen Kritik an der Zentralregierung geübt hatte. Anfang der 1960er wurde er in ein laogai, ein chinesisches Arbeitslager gesperrt. Danach begann für Wu eine 19 Jahre dauernde Leidensphase. In dieser Zeit war er in 12 unterschiedlichen Lagern interniert. Wenige Jahre nach seiner Freilassung ging Wu in das Exil in die Vereinigten Staaten. Von seiner Exil-Heimat aus macht Wu als Präsident der Laogai-Stiftung seit vielen Jahren auf die bis heute existierenden laogai aufmerksam.

Im Gespräch mit der taz äußerte Wu, dass die „kommunistische Revolution vor allem durch Staatseigentum und Diktatur“ gekennzeichnet sei. Das heutige China „ist immer noch ein kommunistischer Staat“. Anders als in Deutschland gestehe die Regierung den Menschen nicht das Recht zu, Land zu erwerben. Es gebe keinen Staat, der so wie die Volksrepublik China „Geburten kontrolliert, Leute in Arbeitsleiter steckt und durch ein Propaganda-Ministerium alle Medien kontrolliert“. Es sei Tabu, über „die Hungersnot [während des Großen Sprungs] und die Kulturrevolution“ zu sprechen.

Die persönlichen Torturen, die Wu erlitten hat, spiegeln sich vermutlich auch in seinem Urteil über den chinesischen Aufstieg wieder. Es gebe zwar einen rasanten wirtschaftlichen Fortschritt in China, aber, so meint Wu, „der Kommunismus hat mit der wirtschaftlichen Entwicklung überhaupt nichts zu tun“. Die politischen Reformen seien zurückgeblieben und die Partei nicht zu Wandel bereit. Wu hält es für höchst unwahrscheinlich, dass die Chinesische Führung jemals demokratische Wahlen oberhalb der dörflichen Ebene zulässt.

Wu zeigt sich sicher, dass die kommunistische Regierung in den nächsten Jahren schwächer werden wird. Die Leute, selbst in der Partei, würden nicht mehr an die sozialistische Utopie glauben. China und der Westen wiederum könnten sich nur einander annähern, wenn die Kommunistische Partei abtrete. Welche Rolle kann die Frankfurter Buchmesse dann übernehmen? Der Großteil der hier repräsentierten Verlage seien von der Regierung kontrolliert, daher müsse man „klarmachen, wie das Propaganda-Ministerium Medien in China kontrolliert“, meint Wu. Ob er jemals nach China zurückkehren wolle? „Nein, das nun wirklich nicht.“

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