Kommentar EU-Abstimmung: Finanzkrise kippt Referendum

Die Wirtschaftsliberalen haben den Kampf um die EU gewonnen. Eine neue Chance, Europa demokratischer und sozialer auszugestalten, wird es in den kommenden zwanzig Jahren nicht geben.

Die Wirtschaftsliberalen haben den Kampf um Europa gewonnen. Das ist die bittere Bilanz nach dem zweiten Referendum in Irland. Als mit der EU-Verfassung mehr politische Teilhabe, Transparenz, soziale Solidarität zur Abstimmung standen, haben die Bürger in Frankreich, den Niederlanden und Irland Nein gesagt. Als die Wirtschaftskrise Binnenmarkt und Euro ins Zentrum der Überlegungen rückte und sich Irlands Wirtschaftsbosse auf die Ja-Seite schlugen, haben die Iren es sich anders überlegt.

Damit haben alle verloren, die seit dem Verfassungskonvent vor acht Jahren von einem demokratischeren Europa träumen. Die Befürworter, die "Freunde der Verfassung", die in Luxemburg und Spanien für ein Ja bei den Abstimmungen sorgten, haben das Nachsehen. Die Strategen in der EU-Kommission, die glauben, niedrige Handygebühren, ohrenschonende MP3-Player und ein stabiler Euro seien das stärkste Argument für Europa, haben Recht behalten.

Selbst wenn es gelingt, den tschechischen Betonkopf Václav Klaus auszubremsen und seine Unterschrift unter den Vertrag zu erzwingen, selbst wenn bis dahin nicht eine neue konservative Regierung in Großbritannien eine weitere Volksabstimmung inszeniert - der neue Vertrag wird den Makel seiner Entstehung nie mehr los. Die Völker, die Nein sagten, wurden beim zweiten Anlauf entweder nicht mehr gefragt oder mit der Drohung erpresst, in wirtschaftlich harten Zeiten marginalisiert zu werden.

Es ist müßig darüber nachzudenken, wie es beim nächsten Mal besser laufen könnte, mit einem gleichzeitigen Referendum in allen EU-Ländern zum Beispiel. Eine neue Chance, Europa demokratischer und sozialer auszugestalten, wird es in den kommenden zwanzig Jahren nicht geben.

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