Erweiterter Gleichheitsartikel: Homo-Schutz ins Grundgesetz

Berlin, Hamburg und Bremen wollen, dass ein Diskriminierungsverbot wegen "sexueller Identität" im Grundgesetz verankert wird. Der CDU dürfte es schwerfallen, das abzulehnen.

Die Regenbogenfahne am Hamburger Rathaus. Bild: dpa

FREIBURG taz | Sechzig Jahre nach Schaffung des Grundgesetzes soll in der deutschen Verfassung auch die Diskriminierung von Homosexuellen verboten werden. Das fordern die drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen in einer gemeinsamen Bundesrats-Initiative.

Bisher sind Homosexuelle im Grundgesetz nicht ausdrücklich erwähnt. Für sie gilt zwar der allgemeine Gleichheitssatz in Artikel 3 Absatz 1: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich." In Absatz 3 werden allerdings viele Gruppen noch einmal ausdrücklich vor Ungleichbehandlung geschützt. Erwähnt wurden dort zunächst aber nur Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, religiöse und politische Anschauungen. Seit 1994 sind auch Behinderte ausdrücklich vor Diskriminierung geschützt.

Die Länder-Initiative fordert nun, dass auch die "sexuelle Identität" in diesen Katalog aufgenommen wird. Wie Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erklärte, soll dies nicht nur Lesben und Schwule, sondern auch "Bisexuelle, Transgender, transsexuelle und intersexuelle Menschen" schützen.

Die Initiative hat vor allem nachholende symbolische Bedeutung. Es ist heute kaum zu erklären, warum das Grundgesetz gerade sexuelle Minderheiten nicht vor Diskriminierung schütze. In vielen Gesetzen wie im Bundesbeamtengesetz gibt es bereits entsprechende Klauseln. Das von der EU vorgegebene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet Diskriminierung wegen der sexuellen Identität auch im privaten Geschäftsleben.

In der Begründung der Bundesrats-Initiative wird deshalb nur darauf abgestellt, dass ein Diskriminierungsverbot im Grundgesetz auch bei einem reaktionären Rollback in Deutschland wirken würde. Eine Verfassungsnorm entziehe den Schutz von Homosexuellen "dem Wechselspiel der verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Kräfte". Es wird daran erinnert, dass noch bis 1969 Sexualbeziehungen unter Schwulen strafbar waren.

Der Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD), der eine Ergänzung des Grundgesetzes schon lange fordert, hofft auch auf ein Ende der Diskriminierung für Homoehen. "Die Gerichtsentscheide zum Lebenspartnerschaftsrecht sähen mit einem erweiterten Gleichheitsartikel anders aus", heißt es in einer LSVD-Stellungnahme.

Noch 1994 scheiterte eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes. Die CDU war dagegen, die FDP enthielt sich. Argument damals: Nicht jede kleine Gruppe müsse ausdrücklich in der Verfassung geschützt werden, sonst müsse man bald auch noch "Linkshänder und Brillenträger" erwähnen.

Die drei Länder haben ihre Initiative geschickt lanciert. In den am Montag beginnenden Koalitionsverhandlungen können FDP und CDU nun ihre Liberalität unter Beweis stellen. Der CDU dürfte es heute schwerfallen, die Initiative abzulehnen. Immerhin ist der Erste Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust (CDU), einer der Initiatoren. Wie Wowereit ist er homosexuell. Außerdem hat die Union in den Diskussionen um die Einbürgerung von Muslimen stets betont, dass in Deutschland die Akzeptanz von Homosexualität zum Standard gehöre. Die FDP ist bisher zwar offensiv für die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften, hält sonstige Diskriminierungsverbote jedoch für problematisch. Mit Blick auf die Wahlprüfsteine des LSVD warnte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel erst im Juni vor einer "Aufblähung des Grundgesetzes" durch symbolische Verfassungsänderungen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.