Stadtentwicklung: Disneyland in Altona

Während von Beust Zustimmung für die Ikea-Pläne in Altona signalisiert, wenden sich Prominente des Kulturbetriebs in einem offenem Brief an den Ikea-Gründer.

Das ehemalige Frappant-Kaufhaus in Altona hat berühmte Freunde bekommen. Bild: Henning Scholz

Der Widerstand gegen die Ansiedlung von Ikea in der Großen Bergstraße zieht immer weitere Kreise. "Ikea passt hier nicht hin - man sollte da sozialen Wohnungsbau machen", sagt Regisseur Fatih Akin, der mit Schauspieler Peter Lohmeyer, Rocko Schamoni und gut 80 weiteren Aktivisten einen offenen Brief an Ikea-Gründer Ingvar Kamprad unterzeichnet hat.

In dem Brief wenden sich die Unterzeichner gegen die "Schandfleck"-Verunglimpfung des Frappant-Gebäudes, wie sie Lokalpresse- und Politiker seit Jahren betrieben. Man müsse im Gegenteil "um jede Brache froh sein, die nicht einem neuen Shopping-Paradies, einem Büroturm oder einem Apartment-Hochhaus mit exklusiven Eigentums-Lofts weichen muss". Auch die soziale und kulturelle Durchmischung der Großen Bergstraße wird gepriesen: "Jede x-beliebige deutsche Kleinstadt würde sich die Finger lecken nach so viel Leben", heißt es in dem Schreiben über die von vielen als "unattraktiv" gescholtene Fußgängerzone.

Mit dem Brief reagieren die Aktivisten auch auf die Ankündigung von Ole von Beust (CDU), Mitte dieser Woche Gespräche mit Ikea-Managern zu führen, um ihnen seine Unterstützung für das erste City-Möbelhaus auf europäischen Festland zu versichern. Der Senat erhofft sich von Ikea einen wirtschaftlichen Aufschwung für das Viertel. Laut NDR 90,3 rechnet er mit 250 neuen Arbeitsplätzen.

Im offenen Brief wird auch der Hoffnung widersprochen, die Besucher könnten erst zu Ikea gehen und dann auf der Großen Bergstraße flanieren. "Du weißt es besser, Ingvar!", spötteln die Verfasser. "Schließlich hast du dein Möbelhaus nach dem Prinzip Disneyland konzipiert: Eine eigene Welt, die ihre Besucher einsaugt und nicht wieder ausspuckt, so lange sie noch ein Quäntchen Kraft zum Konsumieren haben."

Unterdessen hat die Bezirksversammlung Altona beschlossen, den Künstlern eine neue Heimat im leerstehenden ehemaligen Finanzamt zu verschaffen. Man verhandele darüber zur Zeit mit der städtischen Liegenschaftsverwaltung, sagte Sprecher Rainer Doleschall. Allerdings böte der Ort nur für ein Fünftel der rund 150 Künstler Platz. "Wir streichen alle, die nicht aus Altona kommen", so Doleschall.

Judith Haman, Vorsitzende des Vereins Frappant, nannte den Vorschlag eine "Farce" und sprach von einem "Ablenkungsmanöver". Sie kündigte an, dass sich die Künstler weiterhin für den Erhalt des Frappant einsetzen werden. In Bälde wolle man ein Konzept vorstellen, dass den Umbau des Frappant in ein sozio-kulturelles Zentrum vorsieht. Neben Ateliers und Ausstellungsräumen sollte das auch ein Kino, Theater, Jugendzentrum, Tanzsaal und eine Altenstätte beherbergen. Träger könnte eine Genossenschaft sein, ein Modell, wie es das Künstlerhaus Friese in Ottensen erfolgreich vorgemacht hat.

Ein erster Schritt in diese Richtung ist gestern gemacht worden. Die Bürgerinitiative "Kein Ikea in Altona" hat über 2.000 Stimmen beim Bezirksamt eingereicht - und die Anerkennungsgrenze zum Bürgerbegehren überschritten. Damit gilt nun ein dreimonatiger Planungsstopp.

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