Gesetz zu Internetsperren: BKA in voller Fahrt

Das Gesetz zur Sperrung von Kinderpornoseiten ist noch nicht ausgefertigt. Trotzdem arbeitet das Bundeskriminalamt schon unter großer Geheimhaltung an den Details.

Demo gegen Überwachung in Berlin. Bild: ap

BERLIN taz | Das Bundeskriminalamt (BKA) treibt schon jetzt die technische Umsetzung des Internetsperrgesetzes voran, obwohl das Gesetz noch nicht vom Bundespräsidenten unterzeichnet wurde. Das BKA fordert Internetanbieter dazu auf, am 2. Oktober einen Entwurf der "Technischen Richtlinie" zu kommentieren. Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstands der Grünen, kritisiert das Vorpreschen des BKA: "Das Vorgehen des Bundeskriminalamts ist ungeheuerlich. Ohne eine rechtliche Grundlage werden Tatsachen geschaffen."

Das "Gesetz zur Bekämfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen" wurde im Juni vom Bundestag beschlossen und danach vom Bundesrat durchgewunken. Es sieht vor, dass das BKA eine Liste von Internetseiten zusammenstellt, die gesperrt werden sollen. Die Internetanbieter müssen diese Liste dann umsetzen. Jetzt liegt das Gesetz der EU-Kommission vor, die es prüfen soll, bevor Bundespräsident Horst Köhler unterschreibt.

Das BKA hat bereits einen Entwurf der "Technischen Richtlinie" erarbeitet. Darin wird geregelt, wie die Liste zu sperrender Internetseiten vom BKA an die Unternehmen übermittelt und umgesetzt wird. Am 2. Oktober sind betroffene Unternehmen dazu eingeladen, die Richtlinie zu kommentieren. Das BKA lässt dafür jedoch nur eine Person pro Unternehmen zu. Die muss sich bereits im voraus anmelden, nur dann bekommt sie den Entwurf in Wiesbaden persönlich ausgehändigt. Den Personen ist es untersagt, Inhalte des Entwurfs weiterzugeben oder ihrre Stellungsnahme dazu anderen mitzuteilen.

Für die FDP-Abgeordnete Gisela Piltz ist dieser Vorgang Grund zur Skepsis: "Die vorgesehene Geheimhaltung der Technischen Richtlinie bestärkt die rechtsstaatlichen Vorbehalte gegen das Gesetz." Sie nennt die Technische Richtlinie ein "unkontrollierbares technisches Verfahren". Es sei so nicht zu überprüfen, welche technischen Mittel das BKA einsetzt und somit "mit Grundsätzen des Rechtsstaats auch nicht zu vereinbaren."

Hannah Seiffert vom Verband der Internetwirtschaft Eco nennt dies "völlig unüblich". Bei Maßnahmen zur Telefonüberwachung wurde die Kommentierung der Richtlinien anders gehandhabt. Das jetzige Vorgehen stellt einige kleinere Unternehmen vor Probleme: "In vielen Fällen können es sich Unternehmen nicht leisten, Leute extra dafür nach Wiesbaden zu schicken", sagt Seiffert. Unter die verpflichteten Anbieter fallen nämlich auch zahlreiche kleinere regionale Anbieter.

Auch dürfen nur verpflichtete Dienstanbieter die Richtlinie kommentieren, Verbände sind nicht zugelassen. "Als Verband möchten wir natürlich die Interessen unserer Mitglieder vertreten", sagt Seiffert. Viele ihrer Mitglieder sehen sich allein nicht dazu in der Lage, sich für optimales Ergebnis einzusetzen. Normalerweise schicken die Provider für solche Kommentierungen einen Juristen und einen Techniker, hier ist das nicht möglich.

Malte Spitz von den Grünen glaubt, dass Unternehmen so unter Druck gesetzt werden, damit sie sich schon jetzt an den Verfahren beteiligen. Bis heute ist aber völlig unklar, welche Internetanbieter das Sperrgesetz überhaupt umsetzen müssen, eine Übersicht gibt es nicht. Zu diesem Zeitpunkt könne das BKA noch überhaupt nicht wissen, ob und unter welchen Voraussetzungen das Gesetz überhaupt in Kraft treten kann oder welche Provider dann verpflichtet sein werden, sagt Piltz. Dies sorgt auch bei den Unternehmen für Verwirrung: "Das Gesetz ist schlecht. Viele wissen nicht genau ob sie verpflichtet sind oder nicht", sagt Seiffert.

Das BKA wehrt sich gegen die Vorwürfe. Die Maßnahmen liefen weiter, da das Gesetz von den Dienstanbietern umzusetzen sei, sobald es in Kraft tritt. Die Veranstaltung diene der gegenseitigen Abstimmung und präjudiziere nichts.

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