Kaufgerüchte bei Nachrichtenagenturen: Kleiner Riese in Sicht

Neue Gefahr für Nachrichtenagentur dpa: Schon bald könnte sich der deutsche Dienst der AP zum Hauptkonkurrenten ddp gesellen.

Unter dem Berliner Fernsehturm: Sitz der Nachrichtenagentur ddp. Bild: dpa

In der Hauptstadt pfeifen es die Spatzen schon ziemlich laut von den Dächern: Schon bald könnte die amerikanische Nachrichtenagentur Associated Press (AP) ihren deutschen Dienst verkaufen. Und zwar an die Eigentümer des Deutschen Depeschendienstes (ddp). Am heutigen Donnerstag könnte es bereits einen sogenannten Letter of Intent geben, eine Absichtserklärung also. Offiziell will das allerdings niemand bestätigen - weder bei AP noch bei ddp.

Ein Verkauf dieser Art wäre ein Paukenschlag. Der ddp hat es nach Jahren der Fast-Pleite erst kürzlich wieder in die Gewinnzone geschafft. Seitdem macht er mit seinen 150 Redakteuren dem Marktführer, der Deutschen Presseagentur (dpa) und ihren 450 Redakteuren, mächtig Konkurrenz. Bisher mussten Blätter wie die des WAZ-Konzerns, die auf die vergleichsweise teure, aber eben auch ziemlich umfassende dpa verzichten wollten, neben ddp auch noch einen Dienst mit Auslandskompetenz abonnieren - entweder den der Agence France-Presse (AFP) oder eben den der AP.

Würden nun aber AP und ddp enger zusammenrücken, entstünde ein neuer kleiner Agentur-Riese. Einer, der im Paket billiger anbieten könnte, wofür die dpa bisher fast ohne Konkurrenz stand: ein, vom Sport abgesehen, vollumfängliches Angebot an Meldungen aus dem In- und Ausland. Allerdings übersetzt die AP im Auslandsgeschäft vor allem Meldungen ihres US-Dienstes und reichert diese mit deutschen Aspekten an. Die dpa ist hier mit mehr eigenen Korrespondenten zweifellos besser darin, das Geschehen im Ausland durch eine deutsche Brille zu betrachten.

Der ddp bietet wiederum als einziger Dienst neben der dpa sogenannte Landesdienste aus den Bundesländern und für diese - und damit eine über das absolute Pflichtprogramm hinausgehende Berichterstattung aus der Region. Diese ist aber noch immer deutlich lückenhafter als das entsprechende dpa-Angebot, auch hier macht sich das Personalgefälle bemerkbar. Manch einem Verleger, der freilich fallende Erlöse im Blick hat, mag das dennoch reichen. Immerhin heißt es ja: Was die Agenturen nicht liefern, findet sich doch eh im Netz.

Der deutsche AP-Dienst macht allerdings noch immer Gewinn. Warum will ihn der Konzern dann loswerden? - Weil er in den USA mit ganz anderen Problemen beschäftigt ist. Dazu passt, dass ein Insider sagt, auch der französische AP-Dienst werde seit zwei Jahren "wie sauer Bier" angeboten. Das neueste Gerücht lautet in Paris: Wer den deutschen Dienst übernimmt, soll den französischen - der ebenfalls schwarze Zahlen schreibt - gleich mit übernehmen. Mit den Lizenzgebühren für die Auslandsmeldungen würde trotzdem weiter Geld nach New York fließen.

Derzeit heißt es, bei einem Verkauf würde der deutsche Dienst in jedem Fall separat am Markt bleiben. Einmal, weil das die Laufzeiten der Aboverträge mit Zeitungen und Sendern verlangen. Und weil AP - anders als ddp - als Marke etabliert sei.

Die Mitarbeiter beider Dienste sind dieser Tage ziemlich verunsichert.: ddp-Eigentümer Martin Vorderwülbecke sagte gestern der taz, er könne "ganz generell leider" zu Gerüchten keine Stellung nehmen und schickte nur einen gut gelaunten "Gruß in die Rudi-Dutschke-Straße!".

Bei der AP erfuhren die eigenen Mitarbeiter aus New York lediglich, dies seien Gerüchte und mehr sei dazu nicht zu sagen. Weil das unabhängig von den aktuellen Vorgängen aber schon seit Jahren so geht, sagt einer der um ihre Jobs bangenden deutschen AP-Mitarbeiter: "Eine Verkaufsbestätigung würde wenigstens Gewissheit schaffen."

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