taz-Klimaserie: Löchrige Gebäudedämmung

Über 30 Millionen Tonnen CO2 will die Bundesregierung reduzieren, indem Häuser weniger Energie verbrauchen. Doch das Vorhaben der großen Koalition ist ambitionierter als dessen Umsetzung.

So viele Ausnahmeregeln wie ein Schweizer Käse Löcher: Die EnEV. Bild: dpa

BERLIN taz | Eigentlich klang es ambitioniert, als die Bundesregierung im März die neue Energieeinsparverordnung beschloss. Die "EnEV 2009" tritt zum 1. Oktober in Kraft. Als Teil des Meseberg-Programms des Kabinetts Merkel soll sie den deutschen CO2-Ausstoß um 31 Millionen Tonnen jährlich senken. Modernisiert ein Hauseigentümer eine Immobilie, muss er künftig strengere Regeln zum Beispiel für die Wärmedämmung beachten. Allerdings bietet die EnEV so viele Ausnahmeregeln wie ein Schweizer Käse Löcher.

Etwa 40 Prozent des deutschen Energieverbrauchs geht auf das Konto von Gebäuden. Die meisten von ihnen wurden vor 1977 gebaut, und ältere Häuser verbrauchen bis zu fünfmal mehr Energie als ein modernes Niedrigenergiehaus - vor allem wegen des schlechten Wärmeschutzes bei Fenstern, Dächern oder Fassaden. "Bis zu 70 Prozent der teuer eingekauften Energie werfen die Hausbesitzer buchstäblich wieder zum Fenster raus", sagt Matthias Kabus von der nordrhein-westfälischen Energieagentur. Etwa 3.600 Euro Heizkosten hat ein durchschnittlicher Hausbesitzer nach Angaben der Deutschen Energieagentur im vergangenen Jahr ausgegeben. Durch eine energetische Sanierung ließe sich die Summe halbieren.

Die EnEV wurde in den Jahren 2002, 2004 und 2007 mehrfach überarbeitet. Die neue Fassung erhöht die Standards für den Energieverbrauch von Gebäuden gegenüber der vorherigen um etwa ein Drittel. Die Wärmedämmung von Neubauten muss künftig im Schnitt 15 Prozent mehr leisten. Auch bei Altbauten bestehen Nachrüstpflichten: Unter anderem müssen begehbare Geschossdecken bald gedämmt werden, wenn das Dach darüber ungedämmt ist.

Versprechen: Vor zwei Jahren reist Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den Gletschern nach Grönland und ruft medienwirksam dazu auf, den Klimawandel zu bekämpfen. Die Bundesregierung beschließt kurze Zeit später das Meseberg-Paket mit Maßnahmen, um den CO2-Ausstoß zu senken.

Taten: Was ist aus den Maßnahmen geworden? Die taz geht dieser Frage in einer neuen Serie nach. Teil 1: Die Energieeinsparverordnung.

Doch das Thema Dach zeigt auch, wie groß die Löcher der EnEV sind. Laut Gesetz müsste die oberste Geschossdecke (also der Fußboden eines Dachbodens) bis Ende 2011 isoliert werden. Das gilt für Ein- und Zweifamilienhäuser aber nur, wenn seit Februar 2002 der Eigentümer gewechselt hat. Und für Mehrfamilienhäuser mit ungedämmtem Dachboden gilt das Gesetz überhaupt nicht. Erfolgreich hat sich die Vermieterlobby durchgesetzt. "Zumindest bei der Dachsanierung gehen uns so die meisten Energieschleudern durch die Lappen", sagte Kabus.

Ähnlich lief es bei den Nachtspeicherheizungen: Weit mehr als eine Million Haushalte heizen bundesweit ineffizient und klimaschädlich mit Strom. Erste Entwürfe der "EnEV 2009" wollten das generell verbieten. Doch Immobilienverbände, die Umrüstkosten sparen, und Energiekonzerne, die weiter ihren Strom für die antiquierte Technik verkaufen wollen, setzten sich durch: Nachtspeicherheizungen müssen nur ausgetauscht werden, wenn sie älter als 30 Jahre sind und in Gebäuden stehen, die mindestens sechs Wohnungen haben.

Nicht zuletzt krankt die EnEV an einer mangelnden Überprüfung der Vorschriften. Neuerdings sind die Schornsteinfeger beauftragt, Verstöße gegen die EnEV aufzuspüren. Bis zu 50.000 Euro Geldbuße können die Behörden bei Missachtung verhängen - doch in der Praxis wird davon bisher eher selten Gebrauch gemacht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.