Kommentar "Kriegsverräter": Wer mutig war

Gegen die Rehabilitierung der so genannten "Kriegsverräter" haben sich Konservative lange gewehrt - die Mär vom "Verräter, der seine Kameraden dem Feind überlässt" hielt sich hartnäckig.

Wer im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Fahne ging, erst recht, wer sich an Widerstandsaktionen gegen das NS-Regime und seine Wehrmacht beteiligte, hatte im Nachkriegsdeutschland West einen schweren Stand. Die Verschwörer des 20. Juli wurden zuerst als Verräter gescholten. Dann schafften sie es zur regierungsoffiziellen, schließlich auch zur gesellschaftlichen Anerkennung. Am leichtesten hatten es Aristokraten und/oder Offiziere.

Einfache Soldaten waren lange chancenlos, wenn es um die Würdigung ihres Widerstands ging. Ihnen wurde unterstellt, sie hätten nur die eigene Haut retten wollen. Altruismus und Edelmut galten eben doch als Attribute der Elite. Für sie, die kleinen Leute, die Landser, war das Instrument des Kriegsverrats zugeschnitten. Sie vor allem waren es, die oft wegen kleiner humaner Gesten, wegen Äußerungen des Unmuts im Familienkreis als Kriegsverräter verurteilt und hingerichtet wurden.

Die pauschale Aufhebung der Urteile wegen Desertion aus der Wehrmacht und Wehrdienstverweigerung durch die rot-grüne Regierung war ein bedeutender Schritt zur Rehabilitierung dieser Formen von Widerstand. Er spiegelte das durch die Ausstellung "Verbrechen der Wehrmacht" veränderte Klima wider. Wenn 2002 die Kriegsverräter von der pauschalen Aufhebung ausgeschlossen wurden, so zeigt dies, wie stark der Druck konservativer Kräfte noch war, die das Bild von der sauberen Wehrmacht hochhalten wollten.

Nach wie vor kursiert die Mär, wonach die "Kriegsverräter" ihre Wehrmachtskameraden "dem Feind" preisgegeben hätten - kein einziger solcher Fall ist belegt. Nach wie vor wehren sich die Konservativen hartnäckig gegen den einzig möglichen Schluss: dass derjenige human und mutig zu nennen ist, der der nazistischen Kriegsmaschine in die Speichen griff. Der sich zu handeln entschloss, wo seine Kameraden bis zum bitteren Ende ausharrten.

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