Gericht hebt Bebauungsplan auf: Kohlekraftwerk gestoppt
Das Oberverwaltungsgericht in NRW hat den Bebauungsplan für das fast fertige Kraftwerk im westfälischen Datteln gekippt. Eon muss jetzt den Rückbau des Klimakillers fürchten.
BOCHUM taz | Herber Rückschlag für den Energieriesen Eon: Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht hat den Bebauungsplan für ein neues Steinkohlekraftwerk des Konzerns in Datteln aufgehoben. Ein Baustopp des 1,2 Milliarden Euro teuren Kraftwerks am Dortmund-Ems-Kanal, das 2011 ans Netz gehen soll und dessen Rohbau bereits steht, rückt damit in greifbare Nähe.
Die Stadt Datteln habe das "Gefährdungspotenzial des Kraftwerks und den Schutz der Bevölkerung" nicht ausreichend berücksichtigt, so das Gericht mit Sitz in Münster zur Begründung. Außerdem verstoße der Bebauungsplan gegen Ziele der Landesplanung: Das Kraftwerk liege nur 500 Meter vom nächsten Wohngebiet entfernt.
Unklar sei, ob "die Auswirkungen des ca. 180 Meter hohen - auch die Abgase ableitenden - Kühlturms ausreichend ermittelt und abgewogen" worden seien. Geklagt hatte ein Ehepaar, dessen Bauernhof in Sichtweite der Kraftwerksbaustelle auf dem Gebiet der Nachbarstadt Waltrop liegt. "Für Eon ist erst mal Schluss", hofft Landwirt Heinrich Greiwing jetzt.
Der Anwalt der Greiwings, Philipp Heinz, sagt: "Erstmals hat ein Gericht auch Fragen des Klimaschutzes und der Energieeffizienz berücksichtigt", so der Berliner Jurist zur taz. Die Verwaltungsrichter hatten bemängelt, der Bau des derzeit größten Steinkohle-Monoblocks Europas verstoße gegen den "Landesentwicklungsplan zur ressourcen- und klimaschützenden Energienutzung".
Noch am Montag will Anwalt Heinz deshalb einen Baustopp beantragen. Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz, der auf immissionsrechtlicher Ebene gegen das Projekt klagt, spricht bereits von einem "Risiko des Rückbaus", das Betreiber Eon jetzt tragen müsse. Die zuständige Bezirksregierung Münster aber dämpft die Hoffnungen: Zunächst müsse die schriftliche Urteilsbegründung abgewartet werden.
Auch Eon-Sprecher Christian Drepper sagt deshalb zur "juristischen Bewertung und zu faktischen Konsequenzen" - nichts. Dabei droht dem Konzern auch beim Ausbau seines Kohlekraftwerks Staudinger im hessischen Großkrotzenburg Ärger: Bis Ablauf der Frist in der Nacht zum Freitag haben tausende Anwohner Einwendungen gegen den Bau eines sechsten Kraftwerksblocks erhoben.
Leser*innenkommentare
Axel Dörken
Gast
Steter Tropfen...
Mir scheint in der Bundesrepublik stehen weniger Mensch auf, als in Frankreich. Doch die, welche aufstehen, haben immer öfter beachtlichen Erfolg!
Danke, Ehepaar Greiwing!
Liebe Grüße
Axel Dörken
be. wa.
Gast
Sehr gut! Power to the people! :o)
Für mehr als eine Milliarde Euro hätten sich - ohne solchen Verbau besiedelter Landschaften - schon mal viele schwimmende küstendistanzierte offshore Windräder bauen lassen, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Schwimmende_Windkraftanlage , z.B. des Typs http://www.ritec-industries.de oder http://www.sway.no oder andere.
Eine einzige davon kann im Jahr weit mehr als 6 Mio kWh erzeugen und kostet mittelfristig (anfangs noch teuer, aber im Preis stark sinkend) vielleicht 6 Mio Euro (also nur etwa 1/100stel der schon jetzt für die Kohlekraftruine ausgegebenen Summe) und ist mehrere Jahrzehnte in Betrieb, bis es durch eine neue ersetzbar ist.
100 Stück davon, z.B. weit draußen in der Nordsee, wären eine klimafreundliche Investition (gewesen), wo sich auch keine Anwohner gestört fühlen.