Al-Baradei gibt Entwarnung: "Iran baut keine Atomwaffen"

Der Chef der Atomenergiebehörde "sieht keine Beweise" für ein iranisches Atomwaffenprogramm. Deutschland und der UN-Sicherheitsrat wollen trotzdem neue Sanktionen.

Ein guter Zuhörer: Der IAEO-Chef Mohammed al-Baradei. Bild: dpa

Iran wird nach Überzeugung des Generaldirektors der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Mohammed al-Baradei, in absehbarer Zukunft keine Atomwaffen bauen. Die von Teherans Nuklearprogramm ausgehende Bedrohung werde "übertrieben dargestellt", erklärte al-Baradei gegenüber dem wissenschaftlichen US-Fachmagazin Bulletin of the Atomic Scientists.

Das bereits im Juli geführte Interview wurde am Dienstagabend veröffentlicht, unmittelbar vor den Beratungen der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien) und Deutschlands über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Iran. Das Treffen der Direktoren der Außenministerien dieser sechs Staaten in einem Wiesbadener Hotel dauerte bei Redaktionsschluss noch an.

Der IAEO-Chef erklärte, seine Behörde mache sich zwar "Sorgen" mit Blick auf das Atomprogramm, was die "künftigen Absichten" der Regierung angehe. Er forderte deshalb "mehr Transparenz" seitens des Iran. "Aber die Vorstellung, dass wir morgen aufwachen und der Iran eine Atomwaffe haben wird - das ist eine Vorstellung, die von den Fakten, die wir bislang gesehen haben, nicht untermauert wird." Es gebe "keine konkreten Beweise für ein laufendes Atomwaffenprogramm" des Iran. Der IAEO-Chef mahnte Zurückhaltung bei der Verschärfung von Strafmaßnahmen gegen den Iran an. Sanktionen dürften nur "als letztes Mittel" in Betracht gezogen werden, und sie dürften "nicht die Bevölkerung treffen", unterstrich er.

Die IAEO hatte in ihrem am vergangenen Freitag vorgelegten vertraulichen Iranbericht festgestellt, Teheran habe den Ausbau der Urananreicherung verlangsamt und weiteren Überprüfungen der zentralen Anlage in Natans zugestimmt. So soll erstmals seit drei Jahren die Zahl der Zentrifugen zur Urananreicherung reduziert worden sein.

Die IAEO-Experten fanden zwar keinen direkten Beweis für die Entwicklung einer Atombombe, die vielen Hinweise und Dokumente zur Überwindung technischer Hürden eines solchen Projekts seien jedoch "überzeugend", heißt es.

Seit Herbst 2006 fordert der UN-Sicherheitsrat Teheran vergeblich zur vollständigen Einstellung der Urananreicherung auf und hat zur Durchsetzung dieser Forderung bislang drei Sanktionspakte verhängt. US-Präsident Barack Obama hatte Teheran im Juni eine Frist für neue Gespräche bis Ende September gesetzt. Andernfalls drohe eine vierte Sanktionsrunde. Details neuer Sanktionen sollten am Mittwoch bei dem Treffen in Wiesbaden vereinbart werden. Am Dienstag hatte die Regierung in Teheran ihre Bereitschaft zu neuen Gesprächen erklärt und bislang nicht näher spezifizierte "neue Vorschläge" angekündigt.

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