Internet soll grüner werden: Gerangel um neue Öko-Domain

Unter der Dach-Adresse ".eco" sollen künftig Umweltschützer und Öko-Forscher erreichbar sein. Das Vorhaben wird auch von Al Gore vorangetrieben. Nun gibt es allerdings Konkurrenz.

Streitet jetzt auch für einen Öko-Adressraum im Netz, Ex-US-Vizepräsident Al Gore. Bioläden dürfen darin auch Platz haben. Bild: dpa

Eine Top-Level-Domain ist schon eine praktische Sache: Sie markiert, in welchem Bereich oder welchem Land eine Firma oder Organisation tätig ist. So steht ".de" für Deutschland und ".com" für internationale kommerzielle Firmen, ".travel" für die Reiseindustrie und ".aero" für die Luftfahrt. Wenn es nach mehreren ökologischen Gruppierungen geht, wird es bald unter dem Label ".eco" auch einen eigenen Adressraum für Umweltschützer, Bio-Anbieter oder Öko-Forscher geben - entsprechende Ideen sollen sehr bald umgesetzt werden.

Noch ist allerdings unklar, wer den neuen Öko-Adressraum kontrollieren wird. Laut einem Bericht der britischen BBC kämpfen derzeit mindestens zwei Konsortien um ".eco". Das eine ist die kalifornische Gruppe Dot Eco, für die sich im Frühjahr diesen Jahres auch der Klimaschützer und ehemalige US-Vizepräsident Al Gore stark machte. "Ich halte das für eine enorm spannende Gelegenheit für die Umweltbewegung, aber auch für das gesamte Internet", hatte er bei der Vorstellung des Projektes gesagt.

Dot Eco stellte anschließend einen entsprechenden Antrag bei der für das Online-Adresssystem zuständigen Internet-Aufsicht ICANN, um die Domain noch in diesem oder nächstem Jahr umzusetzen. Auch Gores Klimaschutzorganisation "Alliance for Climate Protection" unterzeichnete. Das Geld, das man durch die hoffentlich reichlich fließenden Registrierungsgebühren einnehmen wird, solle dabei an Klimaforscher und andere Öko-Aktivisten weltweit fließen. "Wir könnten zu einem der größten Beitraggeber für Umweltschutzprojekte auf dem ganzen Planeten werden", so die Initiatoren.

Inzwischen interessiert sich jedoch auch noch eine zweite Gruppe für ".eco" - die kanadische Umweltschutzfirma Big Room aus Vancouver. Auch die will laut eigenen Angaben das bei der Adressregistrierung zu verdienende Geld in nachhaltige Projekte auf der ganzen Welt stecken. Big Room hat unter anderem das von Michael Gorbatschow gegründete internationale Grüne Kreuz sowie den Tierschutzverband World Wide Fund for Nature International in sein Boot gelockt. Diese wollen zusammen mit Big Room neben dem reinen Domain-Geschäft auch noch ein Label-System aufbauen. Dabei soll aus ".eco" ein Markenzeichen für Projekte werden, die die Ressourcen des Planeten schonen.

".eco" solle "etwas bedeuten und mehr sein als nur eine weitere Domain", sagte Big Room-Sprecher Trevor Bowden der BBC. Vorstellbar sei beispielsweise, dass ein Unternehmen, das in dem Adressraum vorkommen wolle, vor der Genehmigung erst einmal seine CO2-Bilanz offenlegen müsse. ".eco" könne außerdem genutzt werden, um ökorelevante Daten von Firmen zu publizieren. "Wir denken, dass Transparenz ein wirklich mächtiges Werkzeug ist", so Bowden weiter.

Gore und Dot Eco wollen dagegen wesentlich weniger streng sein. Es sei unrealistisch, dass sonst viele bei ".eco" mitmachten. Auch ein Teenager, der sein Umweltengagement im Netz präsentieren wolle, müsse die Möglichkeit haben, dies innerhalb des neuen Adressraums zu tun - genauso wie ein Bioladen.

Wie auch immer der Streit ausgeht, dass ".eco" kommen wird, scheint bereits gesichert. Im vergangenen Jahr hatte die Internet-Aufsicht ICANN entschieden, dass es ein vereinfachtes Verfahren zum Anlegen neuer Domains geben wird. Ganz billig ist der Spaß allerdings nicht - mit einem mindestens sechsstelligen Betrag ist zu rechnen. Zudem gibt es bereits die Kritik, dass die Internet-Aufsicht es zu einer Flut neuer Adressräume kommen lassen könnte, die die Nutzer verwirren würde.

Big Room und Dot Eco wollen sich nun als nächstes zusammensetzen und besprechen, ob der Konflikt nicht intern gelöst werden könne, um dann gemeinsam auf die ICANN zuzugehen. Alternativ könnte einer der beiden Streithähne einfach einen anderen Adressraum verwenden, etwa ".ecological" (für ökologisch), ".green" (für grün) oder ".organic" (für biologisch). Allerdings scheint ".eco", die im englischen Sprachgebrauch gebräuchliche Abkürzung für Ökologie, für beide Konsortien derzeit die einzig wirklich gewollte Domain zu sein. Bis zu einer Entscheidung können Ökoaktivisten zum Glück mit dem bewährten Adressraum für Organisationen weiterarbeiten: ".org". Den gibt es schon seit über 24 Jahren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.