BND-Ausschuss vor Wiederaufnahme: Viel zu geheim

Karlsruhe sieht die Rechte des Untersuchungsausschusses verletzt. Nun nimmt das Gremium eventuell noch vor der Wahl seine Arbeit wieder auf. Die Oppositions freut es.

Hatte zu früh gehofft, der BND-Ausschuss sei ausgestanden: SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier. Bild: dpa

Die Bundesregierung hat im BND-Untersuchungsausschuss zu viel Geheimniskrämerei betrieben. Dies hat jetzt das Bundesverfassungsgericht festgestellt. Eine Klage der vereinten Opposition aus FDP, Linken und Grünen hatte Erfolg.

Der seit drei Jahren tagende Untersuchungsausschuss sollte unter anderem Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes (BND) während des Irakkriegs aufklären. Auch die Mitschuld von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) an der langjährigen Guantánamo-Haft des Bremers Murat Kurnaz sollte untersucht werden.

Doch immer wieder verweigerte die Bundesregierung die Herausgabe von Unterlagen und degradierte den Untersuchungsausschuss so zum zahnlosen Tiger. Viele Zeugen wie etwa BND-Chef Ernst Uhrlau erhielten nur eine beschränkte Aussagegenehmigung. Deshalb klagten die drei Oppositionsvertreter im Ausschuss - Max Stadler (FDP), Wolfgang Neskovic (Linke) und Hans-Christian Ströbele (Grüne) - vor dem Bundesverfassungsgericht.

Karlsruhe gab ihrer Klage nun weitgehend Recht. Die Regierung sei dem Ausschuss grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet, die Möglichkeit zur Geheimhaltung von Vorgängen wurde deutlich eingeschränkt. So darf die Regierung nicht generell den Einblick in ihre internen Beratungen verweigern.

Vielmehr müsse die "Eigenverantwortung" der Regierung mit dem Informationsinteresse des Parlaments abgewogen werden. Letzteres habe vor allem dann großes Gewicht, wenn es um die Aufklärung von Rechtsverstößen und Missständen geht.

Auch auf das Staatswohl kann sich die Regierung gegenüber dem Parlament nicht ohne weitere Begründung berufen. Schließlich sei das Staatswohl auch dem Bundestag anvertraut. Und der könne für die Geheimhaltung von Informationen sorgen - etwa indem bestimmte Unterlagen nicht kopiert werden dürfen, sondern nur unter Aufsicht gelesen werden können.

Informationen von US-Geheimdiensten, etwa über die angebliche Gefährlichkeit von Murat Kurnaz, können dem Bundestag ebenso wenig ohne substanzielle Begründung verweigert werden. Bloße "Unannehmlichkeiten" der Regierung genügen nicht für eine Sperrung solcher Unterlagen, betonten die Richter.

Politiker der Oppositionsfraktionen lobten die Karlsruher Entscheidung. Der frühere Obmann der Partei Die Linke, Wolfgang Neskovic, sprach von "einem Sieg für das Parlament", der Grüne Hans-Christian Ströbele zeigte sich "hocherfreut". Das Urteil sei eine "schwere Niederlage für die Bundesregierung und die große Koalition".

Ströbele forderte eine Fortsetzung der Untersuchungen noch vor der Wahl am 27. September. Auch der FDP-Mann Max Stadler will nun eine Wiederaufnahme der Beweisführung noch vor den Bundestagswahlen prüfen. Der CDU-Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder betonte, das Urteil sei zwar inhaltlich nachvollziehbar, es ändere sich aber "an der materiellen Sachlage gar nichts".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.