„Ich gehe für den Palast demonstrieren“

Im Senat steht Kultursenator Thomas Flierl (Linkspartei) mit seinem Willen, den Palast der Republik vor dem Abriss zu retten, auf verlorenem Posten. Ganz aufgeben will er den Kampf um dessen Zwischennutzung aber trotzdem noch nicht

taz: Herr Flierl, gestern warf Ihnen die Grüne Franziska Eichstädt-Bohlig in der taz Doppelgesichtigkeit vor. Einerseits tolerierten Sie als Senatsmitglied den Abriss des Palasts, andererseits kämpfe Ihre Partei für das Moratorium. Zugegeben, der Eindruck könnte entstehen …

Thomas Flierl: Die Tatsachen sprechen eine andere Sprache: Der Senat hat zwar den baldigen Abriss befürwortet – unter der Voraussetzung, dass das Humboldt-Forum bald realisiert wird. Wirtschaftssenator Harald Wolf und ich haben als die einzigen PDS-Senatoren im Gemeinsamen Ausschuss (GA) des Bundesbauministeriums, in dem Bundes- und Landesvertreter sitzen, gegen diese Maßnahme votiert. Gegen unsere Stimme wurde aber der Abriss im Umlaufverfahren beschlossen.

Im GA kann Berlin nur mit einer Stimme sprechen. Das heißt, Sie wurden dort offensichtlich vom Regierenden Bürgermeister und den anderen SPD-Senatsmitgliedern überstimmt.

Auch bei Enthaltung Berlins war der Bund nicht zu hindern, den Abriss zu beschließen. Harald Wolf und ich haben in einem Schreiben an die Mitglieder des GA unsere abweichende Position erneut deutlich gemacht.

Besteht die Kluft vor allem zwischen Ihnen und der Stadtentwicklungssenatorin?

Die Differenz besteht zwischen den Koalitionspartnern. Die PDS ist sich einig, dass sie derzeit nicht abreißen will. Wir haben damals einem Abriss nur unter der Bedingung zugestimmt, dass ein Anschlussprojekt finanziert ist. Das gibt es nun nach der Machbarkeitsstudie nicht. Unsere Position ist sehr klar.

Zur einer handfesten Koalitionskrise reichte der Palast für Sie aber offensichtlich nicht aus.

Das ist schon deswegen nicht möglich, weil der Konflikt keine Berliner Angelegenheit ist. Er ist eine Bundesangelegenheit, da die Bundesrepublik Eigentümer des Palastes ist.

Was unternehmen Sie, um weiterhin öffentlich zu machen, dass Sie für den Erhalt sind?

Ich werde am Sonnabend an der Demonstration gegen den Abriss teilnehmen. Und wir sind in enger Abstimmung mit der Bundestagsfraktion, die hierzu auch einen eigenen Antrag einbringen wird. Letztlich ist entscheidend, dass die Weiternutzung des „Rohbaus der Republik“, wie ich den Palast gerne bezeichne, weitergeht – bis das Anschlussprojekt finanziert ist.

Wie stehen die Chancen dafür, da der Abriss nun für Anfang des Jahres beschlossen ist?

Das kann ich nicht einschätzen. Politik ist nicht nur dazu da, Alternativen durchzusetzen, sondern auch Alternativen denkbar zu machen. Um die Entscheidung abzuwenden, müsste endlich die veränderte Realität wahrgenommen werden. Längst geht es nicht mehr um den Erhalt des alten DDR-Palasts, sondern um einen nutzbaren Rohbau, der in die Zukunft des Humboldt-Forums führen könnte. Wie das aussieht, sollte ein offener Architektenwettbewerb klären.

INTERVIEW: TINA HÜTTL