Suizid in JVA: Tot bei Lebendkontrolle

Ein 39-jähriger Italiener erhängt sich in der Untersuchungshaft der JVA Oslebshausen. Es ist der sechste unnatürliche Tod innerhalb von drei Jahren in Bremer Gefängnissen

Die JVA Bremen-Oslebshausen Bild: dpa

Ein 39-jähriger Untersuchungshäftling wurde am Dienstagmorgen in der JVA Oslebshausen tot in seiner Zelle aufgefunden. Nach Angaben des Justizressorts hatte sich der Mann mit einem Strick erhängt, den er aus seinem Bettzeug gemacht hatte. Hinweise auf Fremdverschulden lägen nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht vor, so Justizsprecherin Verena Korrell.

Der Mann war am Sonntag in die U-Haft gekommen. Vom ärztlichen Dienst wurde er dann zunächst in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht. Am Montag habe ihn ein Anstaltspsychologe betreut und "auch allein mit ihm gesprochen", so Korrell. Hinweise auf einen bevorstehenden Suizid hätten nach dieser Untersuchung nicht bestanden. Deshalb sei der Mann am Montagabend in den regulären U-Haftvollzug zurückverlegt worden. Als Vollzugsbeamte gegen sechs Uhr am Dienstagmorgen einen Rundgang mit der dabei üblichen "Lebendkontrolle" machten, sei der Mann tot gewesen, so Korrell weiter. Die Kriminalpolizei und der ärztliche Beweissicherungsdienst seien eingeschaltet worden. Nach den bisherigen Erkenntnissen sei der Tod durch Strangulieren eingetreten.

Der Mann wird verdächtigt, am vergangenen Donnerstag seine 36-jährige Freundin in deren Wohnung in der Vahr erschossen zu haben. Nach Polizeiangaben sei er in die Wohnung eingerdungen, wo die beiden in Streit geraten sind. Im Verlaufe der Auseinandersetzung habe er mehrere, sofort tödliche Schüsse auf die Frau abgegeben. Er flüchtete zunächst mit dem Auto, wurde nach einer gezielten Fahndung aber nahe Göttingen festgenommen und nach Bremen überstellt.

Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl wegen Mordes beantragt. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten den verdächtigen 39-jährigen Bremer bis in die Nacht zum Sonntag vernommen. Nach Angaben von Radio Bremen hat der mann die Tat gegenüber der Staatsanwaltschaft als Unfall dargestellt, was die Anklagebehörde aber für unglaubwürdig gehalten habe. Das Tatmotiv ist offenbar noch unklar.

Immer wieder Selbstmorde

Es ist der sechste Todesfall ohne natürliche Ursache in bremischen Gefängnissen in den letzten drei Jahren:

15. Juli 2008: Ein 16-jähriger unbegleiteter Flüchtling aus der Elfenbeinküste erhängt sich mit einem Strick aus seinem Bettzeug seiner Zelle des Jugendvollzugs Oslebshausen. Er war im Jahr zuvor nach Bremen gekommen und wegen Drogenhandels und damit verbundener Körperverletzungen zu über zwei Jahren Haft verurteilt worden. In den Wochen vor seinem Tod hatte er den Schulbesuch verweigert und war seitdem 20 Stunden am Tag in seiner Zelle eingeschlossen. Ein Anstaltssprecher sagte, es habe keine Anzeichen für eine psychische Krise gegeben.

16. März 2008: Fünf Wochen vor ihrer Haftentlassung stirbt eine 28-jährige weibliche Gefangene im Frauengefängnis Am Fuchsberg an einer Überdosis Drogen. Am Vortag hatte sie die Anstalt für einige Stunden verlassen. Die Mutter von zwei Kindern war wegen Beschaffungskriminalität zu fünfzehn Monaten Haft verurteilt worden. Sie war in den offenen Vollzug verlegt worden, um den Kontakt zu ihren Kindern wieder aufzubauen, das Sorgerecht hatte man zuvor entzogen.

14. Dezember 2007: Ein 37-jähriger russischer Staatsbürger erhängt sich in einer Zelle des Gewahrsams-Trakts des Polizeipräsidiums mit einem Strick aus einer Decke. Der Obdachlose war am Vorabend in Niedersachsen betrunken von einer Streife aufgegriffen worden. In Bremen lag ein Haftbefehl wegen eines Sexualdelikts vor. Er hätte am selben Tag dem Haftrichter vorgeführt werden sollen.

7. Juni 2007: Ein 21-jähriger Mann wird tot in seiner Zelle der JVA Oslebshausen aufgefunden, neben ihm wurde laut Anstaltsleitung eine Spritze und ein angerußter Löffel gefunden. Der Mann war der Justiz als drogenabhängig bekannt, wurde aber nicht substituiert. Er saß wegen Raubes und hätte im April 2009 entlassen werden sollen.

21. Februar 2006: Mit einem Strick aus seinem Bettzeug erhängt sich ein 36-jähriger Häftling in der Oslebshausener U-Haft. Er saß seit einer Woche wegen des Verdachts der zweifachen Vergewaltigung und des Raubes in Untersuchungshaft. Einen Anhaltspunkt für den Selbstmord habe es im Vorfeld nicht gegeben. Die Polizei schloss ein Fremdverschulden aus. Ein Anstaltspsychologe sagte, es habe keinerlei Anzeichen für eine Suizidabsicht gegeben.

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