Schwulen-Diskriminierung in Litauen: Präsidentin entsetzt über Moralgesetz

Litauens Staatsoberhaupt Dalia Grybauskaite fühlt sich durch das "Moralgesetz" an Sowjetzeiten erinnert. Doch verfassungsrechtlich ist sie verpflichtet, es zu unterschreiben.

Dalia Grybauskaite versprach den Schutz der Menschenrechte für alle Bürger. Bild: ap

STOCKHOLM taz | Ihren Antrittsbesuch in Schweden hatte sich Litauens erst Anfang Juli im Amt vereidigtes neues Staatsoberhaupt sicher anders vorgestellt. Alle Fragen, die Dalia Grybauskaite am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Stockholm beantworten musste, drehten sich ausschließlich um das neue "Moralgesetz".

"Ich bin empört über das Gesetz, es rückt Litauen in ein schlechtes Licht und es erinnert an Sowjetzeiten", sagte die Staatspräsidentin und ehemalige EU-Haushaltskommissarin: "Aber ich bin gezwungen, es zu unterschreiben und in Kraft zu setzen." Ein weiteres Veto, wie es ihr Vorgänger Valdas Adamkus bereits eingelegt hatte und das das Parlament dann überstimmte, sei ihr aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. "Das einzige, was ich tun kann, ist vom Parlament Änderungen und Konkretisierungen zu verlangen", erklärte Grybauskaite. "So, wie das Gesetz jetzt formuliert ist, ist es sowieso nicht praktikabel." Die Präsidentin versprach außerdem, dass "der Schutz der Menschenrechte für alle Bürger" ein Schwerpunkt ihrer Arbeit sein werde.

Ihr Gastgeber, der schwedische Ministerpräsident und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Fredrik Reinfeldt blieb trotz Nachfrage von Journalisten vorsichtig in seiner Kritik am litauischen "Moralgesetz". Es "sende Signale aus", die im Widerspruch zu den Menschenrechten stünden, deren Verteidigung sich auch die EU verschrieben habe: "So etwas sollte man in einer modernen Gesellschaft nicht tun."

Volker Beck, menschenrechtspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, forderte die deutsche Bundesregierung auf, im Rahmen von EU und Europarat gegen Litauens Anti-Homosexuellen-Gesetz aktiv zu werden.

Das neue Gesetz könnte als Erstes das EU-Projekt "Gender Loops" treffen. Darüber, dass dessen Unterrichtsmaterialien für eine "geschlechterbewusste und -gerechte" Ausbildung des Personals an Kindertagesstätten ein spanisches Märchen von zwei Königen enthalten, die sich verheiraten wollen, empörte sich bereits der litauische Sozialminister Rimantas Jonas Dagys. Solche Geschichten über "nicht traditionelle Sexualität" könnten der Entwicklung von Kindern schaden und dürften deshalb nicht toleriert werden. Er schließe daher nicht aus, dass dieses Projekt nach Inkrafttreten des Gesetzes der Staatsanwaltschaft vorgelegt werde.

Das neue Moralgesetz sei nur ein Beispiel für einen "sehr starken Backlash für alles, was mit Gleichberechtigung und Kampf gegen geschlechtliche Diskriminierung zu tun hat", sagt Margarita Jankauskaite vom feministischen Center for Equality Advancement in Wilnius.

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