Sozialer Händler erhält Marktverbot: Reiche zahlen mehr

Zehn Jahre verkaufte Günter Garbers Obst und Gemüse - zu je nach Kaufkraft schwankenden Preisen. Jetzt hat das Bezirksamt seinen Stand geschlossen.

Wo einst Garbers Marktstand war, werden nun Unterschriften gesammelt. Bild: Peter Nagel-Langenkamp

Zehn Jahre lang hat Günter Garbers auf dem Wochenmarkt Goldbekufer in Hamburg-Winterhude Bioobst und -gemüse verkauft. Doch am vergangenen Donnerstag wurde dem 57-Jährigen bis auf weiteres vom Bezirksamt Nord Marktverbot im gesamten Bezirk erteilt. Der Auslöser war eine Beschwerde über verschimmelte Weintrauben und überreifes Obst.

Schnell machte es die Runde, dass Günter, wie ihn hier alle nennen, gehen muss. Und ebenso schnell hat sich die kleine Unterstützergruppe "Günter ist mir nicht Banane" zusammengefunden, die bis heute mehr als 400 Unterschriften für seinen Stand gesammelt hat. Vergangenen Samstag trafen sich Günter-Sympathisanten zwischen Bäckerwagen und Metzgerstand, dort, wo Garbers seinen Stand drei Tage zuvor zum vorerst letzten Mal aufbaute. Die Resonanz auf die Unterschriftenaktion war groß, viele blieben stehen und sprachen Garbers Mut zu.

"Ich habs nicht so mit der Ordnung", gibt der Schäfer und studierte Landschaftsarchitekt Garbers zu. Er habe es nicht immer geschafft, die Ware vorschriftsmäßig auszuzeichnen, mit Handelsklasse, Grundpreisen und Herkunftsland. Und auch in punkto Ordnung entspricht der Stand von Garbers nicht der Norm. "Haben sie sich mal seinen Wagen angeschaut? Dann würden sie auch nicht mehr bei ihm einkaufen", sagt ein vorbeieilender Endvierziger.

Das Bezirksamt Nord und die Marktaufsicht hatten Garbers vorgewarnt, ihn auf die Mängel hingewiesen, ihm ein Gesprächsangebot gemacht, was er nicht wahrnahm. Bei einer Kontrolle zwei Tage vor Schließung seines Standes war seine Ware dann aber tadellos. Und dennoch: Günter fehle die nötige Zuverlässigkeit, ein Tag mit einwandfreier Ware sei da kein Gegenargument, schrieb das Bezirksamt Nord, das für eine Stellungnahme nicht erreichbar war, in der Begründung für das Wochenmarktverbot. Er sei unzuverlässig, störe den sozialen Frieden, gefährde die Gesundheit seiner Kunden und habe sich eine "von der Rechtsnorm abweichenden Geschäftsphilosophie angeeignet".

Es ist die Geschäftsphilosophie, die Garbers das Verbot eingebrockt hat, da sind sich alle einig. Die 24-jährige Rieke Schäfer nennt es "eine Art Umverteilungssystem. Als ich das erste Mal bei ihm einkaufte, fragte er, was ich denn mache. Als ich ihm erzählte, dass ich Studentin bin, rundete er den Preis schon mal ab." Das Bezirksamt nennt das "nicht transparente Preispolitik", die zulasten der Kunden gehe. "Blödsinn", sagt Peter Nagel-Langenkamp. "Ich kaufe hier seit Jahren ein und habe mich nie übervorteilt gefühlt."

Garbers ist unbequemer Geist und Kultfigur zugleich, "er ist das einzige Original hier auf dem Markt", sagt Nagel-Langenkamp. "Wenn er gehen müsste, würde er eine große Lücke hinterlassen." Wenn es nach Garbers geht, reißt er keine Lücke. Er hat sich einen Anwalt genommen, Widerspruch gegen das Verbot eingelegt und will eine einstweilige Verfügung beim Verwaltungsgericht erwirken. Ob er Erfolg haben wird, wird sich zeigen. In der kommenden Woche werden erst mal die gesammelten Unterschriften ans Bezirksamt Nord übergeben. Und dann heißt es abwarten.

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