Kommentar Nato-Russland-Pakt: Pragmatische Kooperation

Der Schritt ist richtig, wieder Gespräche zu führen. Nato und Russland kehren zum business as usual zurück. Auch vor dem Konflikt im Kaukasus war der Ton nicht viel herzlicher.

Russlands Realpolitik ist aufgegangen. Nach zehnmonatiger Kommunikationssperre nimmt der Nato-Russland-Rat seine Arbeit wieder auf - obwohl die Meinungsverschiedenheiten zwischen Nato und Kreml in der Kaukasusfrage bestehen bleiben. Nach Moskaus Georgienfeldzug im Sommer 2008 hatte die Nato die Kooperation mit Russland aufgekündigt. Der Kreml reagierte erbost, hatte seine Ziele aber erreicht: den Kaukasusstaat zu destabilisieren und eine unüberhörbare Warnung an ehemalige sowjetische Satelliten auszusenden, darunter die Ukraine, sich nicht allzu forsch gegen Moskaus Besitzansprüche zu stellen. Am Status quo im Kaukasus wird sich auf lange Sicht nichts ändern.

Vor diesem Hintergrund mögen die versöhnlichen Töne aus dem Nato-Hauptquartier als Schwäche gewertet werden. Dennoch ist der Schritt richtig, den Gesprächsfaden wiederaufzunehmen. Beide kehren lediglich zum business as usual zurück. Denn auch vor dem Konflikt waren die Beziehungen nicht viel herzlicher. Die Nato bleibt ein Schreckgespenst für Russland, weil Russland es so will. Dagegen sind auch Russlandversteher machtlos.

Die Beziehungen zwischen dem Westen und Moskau waren bislang emotional aufgeladen - mit Ängsten, Ansprüchen und eigenen Projektionen. Jetzt eröffnet sich eine Chance, pragmatischer mit dem Partner zu verfahren. So wie es Russland im Rahmen seiner Realpolitik schon lange handhabt: Es zählt nur, was Moskau nützt, internationales Recht hin oder her. Der Einstieg in praktische Einzelfalllösungen entbindet von gemeinsamen höheren Zielen. Schon auf die Kooperation im Afghanistankonflikt wird sich dies positiv auswirken. Freimütige Kritik bleibt möglich, ohne einander unter Druck zu setzen. Eine nüchterne Haltung im Westen immunisiert zudem gegen realpolitische Störmanöver Russlands, die mit Sicherheit nicht ausbleiben werden.

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Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.

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